Wie man die Verschmutzung des Trinkwassers mit MRT-Kontrastmitteln verhindert
28.07.2020
Gadolinium wird in Kontrastmitteln bei MRT-Untersuchungen verwendet und gelangt über den Urin der Patient*innen ins Abwassersystem. Die Folge: Flusswasser und damit auch aus Flüssen oder Uferfiltrat gewonnenes Trinkwasser sind mit Gadolinium belastet.
Thilo Hofmann und Robert Brünjes vom Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaften der Universität Wien haben Vorschläge, wie die Gadolinium-Verschmutzung der Gewässer und des Trinkwassers verhindert werden kann.
Die Lösung: Der Urin von MRT-Patient*innen muss zumindest 24 Stunden lang gesammelt werden, dann lässt sich Gadolinium sogar recyclen. Die wissenschaftliche Studie dazu erschien im Journal "Water Research".
In den meisten Ländern wird Trinkwasser aus aufbereitetem Flusswasser oder Uferfiltrat gewonnen, auch kleinere Teile Wiens werden so versorgt. Da Gadolinium-Verbindungen aus Kontrastmitteln bei MRT-Untersuchungen weder technisch noch chemisch in Kläranlagen aufgefangen werden können, gelangen sie ins Abwasser und damit ins Trinkwasser. Wird das Gadolinium enthaltene MRT-Kontrastmittel im Trinkwasser nachgewiesen gibt das auch Hinweise darauf, wie hoch der Anteil an geklärtem Abwasser im Trinkwasser ist.
Corona-Lockdown als Chance – Messungen zu Gadolinium, die vorher nicht möglich waren
Die Extremsituation des Corona-Lockdowns hatte signifikante Auswirkungen auf die Zahl der durchgeführten MRT-Untersuchungen und dadurch auf die Konzentration von Gadolinium im Abwasser.
Durch die Umstellung des Krankenhausbetriebes auf eine Notfallsituation wurden viele Routineuntersuchungen nicht mehr durchgeführt und die Anzahl der MRT-Untersuchungen nahm drastisch ab - und damit verbunden auch der Gadoliniumeintrag in unsere Gewässer. Die beiden Forscher vom Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaften untersuchen dies um den komplexen Zusammenhang zwischen Flusswasser, Abwasser und Trinkwasser besser zu verstehen.
In ihrer Publikation zeigen sie einerseits, dass das MRT-Kontrastmittel, das Gadolinium enthält, doch zerfallen kann, obwohl man bisher davon ausgegangen ist, dass das nicht der Fall ist. Und andererseits präsentieren sie eine einfache Methode, mit der verhindert werden kann, dass Gadolinium überhaupt ins Abwasser und dadurch ins Trinkwasser gelangt – und darüber hinaus sogar wiederverwendet werden kann.
Mögliche Gefahr für Mensch: wenn sich Gadolinium-Verbindungen durch UV-Licht auflösen
Ob und wie Gadolinium-Verbindungen zerfallen hängt einerseits von den physiochemischen Bedingungen ab und andererseits davon, an welche organische Liganden Gadolinium gebunden ist. In manchen Regionen der Welt ist es üblich, das Trinkwasser vor Verwendung noch mit UV-Licht zu bestrahlen, um Keime abzutöten. Was gut gegen Keime wirkt, birgt im Fall des MRT-Kontrastmittels eine mögliche Gefahr für den Menschen: Die UV-Behandlung direkt vor dem Konsum, also beim Verbraucher, begünstigt die Aufsprengung der ansonsten sehr stabilen Gadolinium-Verbindungen.
Dadurch könnte Gadolinium vom Menschen durch das Trinkwasser aufgenommen werden. Das chemische Element lagert sich im Körper an, die Auswirkungen auf die Gesundheit sind noch nicht vollständig erfasst.
Ausweg: Gadolinium-Verbindungen abfangen, bevor sie ins Abwasser gelangen
Die Wasserversorger stehen also vor einem Problem, welches sie weder verursachten noch alleine lösen können. Sie benötigen Hilfe. "Da es technisch und chemisch bisher keine Möglichkeiten gibt, Gadolinium-Verbindungen in Kläranlagen zurück zu halten, muss verhindert werden, dass diese überhaupt ins Abwasser gelangen", so Thilo Hofmann vom Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaften der Universität Wien.
Sein Vorschlag: Der Urin von Patient*innen, die ein Gadolinium-haltiges MRT-Kontrastmittel injiziert bekommen haben, muss mindestens 24 Stunden lang gesammelt werden. So lange braucht es, bis das Gadolinium weitgehend vom Menschen wieder ausgeschieden wird.
In der Praxis ist das Sammeln des Urins mit Trockenabsorbern möglich, die auf einem ähnlichen Prinzip beruhen wie Wegwerfwindeln für Kinder. Aus dem gesammelten Urin lässt sich außerdem Gadolinium wieder extrahieren und sogar wiederverwenden. So wird die Gadolinium-Gewinnung, welche durch aggressives Auslaugen der Seltenen Erden im Bergbau erfolgt, sukzessive verringert.
More News and Articles
07.08.2025
News
Kanalgipfel 2025: Netzweite operative Bedarfsplanung mittels individuellem Sanierungskosten- und Entscheidungsmodell
Die Entwässerungssysteme unserer Städte sind ein wesentlicher Bestandteil des kommunalen Anlagevermögens. Die große Zukunftsaufgabe, …
26.05.2025
News
Kanalgipfel 2025: Smart Processing – mit KI-Technologien von der Kanalinspektion bis zur Sanierungsstrategie
Die Entwässerungssysteme unserer Städte sind ein wesentlicher Bestandteil des kommunalen Anlagevermögens. Die große Zukunftsaufgabe, …
12.05.2025
News
Kanalgipfel 2025: Stand der Kanalsanierung in Deutschland – Eine kritische Betrachtung
Die Entwässerungssysteme unserer Städte sind ein wesentlicher Bestandteil des kommunalen Anlagevermögens. Die große Zukunftsaufgabe, vor der viele Kommunen …
28.08.2024
News
ITpipes Secures $20M to Transform Water Infrastructure Management
ITpipes announced it has secured $20 million in equity financing from Trilogy Search Partners and Miramar Equity Partners.
Known for its trusted and user-friendly platform, ITpipes …
26.08.2024
News
Professor Dr.-Ing. Dietrich Stein
With deep sadness we announce the loss of our founder and partner Prof Dr Dietrich Stein at the age of 85.
Engineers around the globe are thankful for his dedication to the inventions in the fields of sewers, …
26.08.2024
News
PPI Releases New Installation Guide for PE4710 Pipe
PPI’s MAB-11-2024 Covers HDPE Water Pipelines Up to 60-in. Diameter and 10,000-ft Long Pulls
Developed by the Municipal Advisory Board (MAB) – and published with the help of the members of the …
23.08.2024
News
Faster wide-scale leak detection now within reach
Mass deployment of connected leak loggers is being made possible by the latest technology, writes Tony Gwynne, global leakage solutions director, Ovarro
Water companies in England and Wales are …
21.08.2024
News
Kraken awakens customer service potential in water
The innovative customer service platform Kraken has made a successful transfer from energy to water. Ahead of their presentation at UKWIR’s annual conference, Portsmouth Water chief executive …
19.08.2024
News
Predicting the toxicity of chemicals with AI
Researchers at Eawag and the Swiss Data Science Center have trained AI algorithms with a comprehensive ecotoxicological dataset. Now their machine learning models can predict how toxic chemicals are …
16.08.2024
News
Goodbye water loss: Trenchless pipe renewal in Brazil
Pipe renewal in Brazil
How do you stop water loss through leaks in old pipe systems without major environmental impacts and restrictions? The answer: with trenchless technology, or more precisely …
14.08.2024
Fachartikel
Impact of high-temperature heat storage on groundwater
In a recently launched project, the aquatic research institute Eawag is investigating how the use of borehole thermal energy storage (BTES) affects the surrounding soil, the groundwater …
12.08.2024
News
Watercare completes East Coast Bays sewer link
Watercare has successfully finished the final connection on the East Coast Bays link sewer at Windsor Park in New Zealand.
Much of the East Coast Bays sewer link was installed using horizontal directional …
Kontakt
Universität Wien
Univ.-Prof. Dr. Thilo Hofmann
Fakultät für Geowissenschaften, Geographie und Astronomie, Department für Umweltgeowissenschaften
Althanstraße 14
1090 Wien
Österreich
Telefon:
+43 1 4277 53320
