Schallschutz in Verbindung mit sogenannten schalloptimierten Abwasserrohren
04.02.2016
FSK Information der Fachgruppe Dämmstoffe
Beim Bauen geht es in erster Linie um Menschen. Ein Haus bzw. eine Wohnung soll neben einer trockenen und warmen Unterkunft ein komfortabler Rückzugsort für seine Bewohner sein. In aller Regel baut oder kauft eine Familie nur einmal im Leben ein Haus oder eine Eigentumswohnung. Daher besteht eine wirtschaftliche und emotionale Bindung zum Eigentum. Im Zusammenhang mit dieser Lebensinvestition bekommen Vorzüge, aber auch Nachteile oder gar Bau und Montageschäden einen höheren Stellenwert.
Jeder am Bau Beteiligte sollte sich bei der Ausführung seiner Arbeiten dessen bewusst sein.
Jeder Bauherr hat daher das Recht, neben der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, das bestmögliche Produkt, das auch nach den anerkannten Regeln der Technikentspricht, zu bekommen. Ist es z.B. tatsächlich notwendig eine Küche für mehr als 20.000 EUR einzubauen, aber an der unveränderlichen, nicht sichtbaren Installation hinter der Wand im Cent-Bereich zu sparen? Fehler durch weggelassene und gesparte Dämmungen an Installationen sind meist gar nicht oder nur durch hohe Aufwendungen nach Bauabschluss zu beheben.
Neben der Energieeinsparung müssen Dämmungen auch Tauwasser verhindern und somit Korrosion an Rohrleitungen verhindern. Ein Punkt der dabei oft vergessen wird: moderne Dämmungen haben auch grundlegende Aufgaben der Schalldämmung zu übernehmen.
Um zu verstehen wie mit einer Dämmung diese werkvertragliche Anforderung erfüllt werden kann, muss man wissen, wie Schall bzw. ein Geräusch in haustechnischen Anlagen entsteht. In haustechnischen Anlagen unterscheidet man zwischen Installations-, Betätigungs- und Nutzergeräuschen. Ein Betätigungsgeräusch entsteht zum Beispiel durch die Auslösung einer Toilettenspülung, das dadurch ausgelöste Installationsgeräusch ist das Fließgeräusch im WC und in den Abwasserleitungen. Installationsgeräusche stellen in aller Regel die größte Belästigung dar, da sie vom Nutzer unbeeinflussbar sind. Die immer komplexeren Anlagen mit ihren Rohrleitungen, Pumpen, Ventilen, Regeleinrichtungen, Wärmeüberträgern etc., die für die Effizienz der Gesamtanlage erforderlich sind, bringen auch vermehrt neue Schallquellen ins Spiel.
Geräusche aus den Anlagen werden über zwei Wege übertragen. Zum einen durch Luftschall, der sich durch die direkte Anregung der Luftmoleküle durch die Geräuschquelle ausbreitet, zum anderen durch Körperschall (auch Trittschall ist Körperschall!!), der die Schwingungen der Geräuschquelle über feste Körper überträgt und der an anderen Stellen eines Gebäudes/Wohnung wieder als Luftschall hörbar wird. Körperschall ist insbesondere deshalb problematisch, da der Ort der Geräuschentstehung in der Regel nicht dem Ort der Geräuschabstrahlung und -wahrnehmung entspricht. Dabei sind selbst durchströmte Rohrleitungen bemerkenswert intensive Geräuschquellen.
Vor allem in Entsorgungsleitungen, in denen ein Durchfluss in der Regel in Intervallen unregelmäßig stattfindet, werden Geräuschabstrahlungen als besonders störend empfunden, weil sie einen „hohen Informationsgehalt“ haben. Die Kunststoffrohrindustrie ist deshalb den Anforderungen des Marktes an einen verbesserten Schallschutz von Abwasserrohren gefolgt und hat mit neuen Kunstoffen und veränderten Wanddicken die Luftschallabstrahlung reduziert.
Die Körperschallthematik, also die Übertragung von Geräuschen z.B. eines Abwasserrohres auf den Baukörper, wurde damit nicht gelöst und besteht weiterhin. Eine Körperschallbrücke, die direkte Verbindung zwischen Abwasserrohr und Baukörper, von der Größe eines Cent-Stückes und weniger reicht unter Umständen bereits aus, um deutlich hörbare und unangenehme Geräusche der Anlage auf den Baukörper zu übertragen. Dabei kann die Körperschallbrücke als Geräuschquelle sich im Keller befinden, aber erst im Dachgeschoss hörbar sein. Um solche störenden, unzumutbaren Geräusche zu vermeiden, muss eine konsequente Entkoppelung des gesamten Abwassersystems vom Baukörper durchgeführt werden.
In der Praxis werden hierzu i.d.R. weichfedernde Dämmschläuche und -formteile aus geschlossenzelligem Kunststoffschäumen verwendet. Diese müssen Rohre und Formstücke des Abwassersystems vollständig und lückenlos umschließen, um die Körperschallgeräusche vom Baukörper zu entkoppeln und somit die Geräuschübertragung wirksam und nachhaltig zu reduzieren. Auf Baustellen sieht es leider zunehmend jedoch anders aus. Häufig wird aus Kostengründen, mitunter aber auch aus Unwissenheit bei luftschallreduzierten Kunststoffrohren auf die Körperschalldämmung verzichtet.
Der Handwerker verlässt sich dabei darauf, dass Luftschall- und Körperschallübertragung identische physikalische Vorgänge sind. Die zugesagte Luftschallreduzierung schließt jedoch die Reduzierung von Körperschall nicht ein. Hinzu kommt, dass akustische, im Labor ermittelte Messergebnisse, die die Hersteller dickwandiger, luftschallreduzierter Rohre den Planern und Verarbeitern liefern, frei von Körperschallbrücken erzielt wurden. In den spezifischen Einbausituationen werden die Auswirkungen einer Körperschallübertragung durch diese Ergebnisse oft nicht widergespiegelt.
Aber auch dann, wenn der Installateur bei der Verlegung der Abwasserleitungen alle Körperschallbrücken vermieden hat, können durch ein Nachfolgegewerk wie Trockenbau oder Estrichleger neue Schallbrücken z.B. durch Beschädigung oder Zerstörung der Dämmmaterialien erzeugt werden. Nach §644 BGB bzw. nach §4 Nr.5 VOB/B ist jeder Handwerker verpflichtet, seine ausgeführte Werkleistung bis zur Abnahme vor Beschädigung zu schützen.
In Deutschland sind die akustischen Anforderungen wie z.B. maximal zulässige Schalldruckpegel insbesondere in den technischen Regelwerken wie z.B. DIN 4109 Schallschutz im Hochbau. Nov. 1989 bzw. DIN 4109/Änderung A1; Jan. 2001 oder VDI 4100 Schallschutz im Hochbau-Wohnungen. Beurteilung und Vorschläge für erhöhten Schallschutz; Okt 2012 etc. festgeschrieben.
Ob Geräusche als störender Lärm wahrgenommen werden bzw. bei welchem Geräusch- oder Lärmpegeln bereits gesundheitliche Beeinträchtigungen auftreten, ist sehr oft schwierig zu bestimmen. Das hängt ab von Pegelhöhen, den Frequenzgemischen, der Häufigkeit eines Geräuschereignisses und vor allem vom subjektiven Empfinden und der Konstitution jedes einzelnen Bewohners ab. Mit anderen Worten, selbst bei normgerechten Schalldruckpegeln kann ein Geräusch als außerordentlich störender Lärm empfunden werden, so dass das alleinige Zurückziehen auf den Schalldruckpegel dem Individuum Mensch in seiner Schutzbedürftigkeit nicht gerecht wird.
Als störend empfundene Geräusche - also Lärm - sind nachweislich eine Ursache für eine Reihe von Erkrankungen. Deshalb haben andere Länder höhere Anforderungen an den Schallschutz festgelegt. Die Fachgruppe Dämmstoffe im FSK hat sich das Ziel gesetzt, den Schallschutz stärker in den Fokus zu rücken, da dieses Thema in Deutschland noch zu „stiefmütterlich“ behandelt wird. Zu Fragen zum „Schallschutz in haustechnischen Anlagen“ dürfen Sie sich gern direkt an die Fachgruppe Dämmstoff des FSK oder an die Mitgliedsunternehmen dieser Fachgruppe wenden.
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