Punktlandung beim Wissenstransfer

26.04.2022

Die 5. Kölner Netzmeistertage

Nach einer coronabedingten Zwangspause im vergangenen Jahr konnten im März dieses Jahres die Kölner Netzmeistertage in 5. Auflage wieder in bewährter Form stattfinden. Für viele der 85 anwesenden Netzmeister aus den Bereichen Gas, Wasser und Fernwärme war das Event nach zwei Jahren Networking auf Distanz endlich wieder eine willkommene Gelegenheit zum fachlichen Erfahrungsaustausch mit Gleichgesinnten. Und wie auch schon in den Jahren zuvor wurde die Mischung aus aktuellen Fach- und Industrievorträgen für die Teilnehmer und für die 20 ausstellenden Unternehmen zu einer Punktlandung des Wissenstransfers und der Informationsvermittlung rund um alle aktuellen Themen des Leitungsbaus.

Bevor es in der Key-Note der Netzmeistertage um virtuelle Wissensvermittlung ging, bildete zunächst ein Überblick über alle Neuerungen des Regelwerks des Gas- und Wasserfachs den inhaltlichen Auftakt der Veranstaltung am 15. März in Köln. Unter der fachlichen Leitung von Dipl.-Ing. Helge Fuchs, Referent bei der rbv GmbH, und Dipl.-Ing. Lothar Schiffmann, langjähriger Vorsitzender des Prüfungsausschusses Netzmeister der IHK Köln, erhielten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine kompakte Zusammenfassung der wichtigsten Modifikationen und Entwicklungen des für ihren beruflichen Alltag relevanten Regelwerks. Was dann folgte war ein hoch interessantes Vortragsprogramm zu vielen aktuellen Megatrends des Leitungsbaus. Klar, dass das Thema Digitalisierung hier keinesfalls fehlen durfte. „Was kommt da eigentlich noch alles auf uns zu?“, so die Frage von Univ. Prof. Dr.-Ing. Heribert Nacken von der RWTH Aachen in seinem Impulsvortrag.

Virtuelles Lernen - eine gute Ergänzung

„In der Ingenieurausbildung ist es heute entscheidend, dass jeder diejenigen Wissensnuggets erhält, die zu ihm passen“, so Prof. Heribert Nacken, Rektoratsbeauftragter für Blended Learning an der RWTH Aachen, in seinem Vortrag. Zwar sei der aktuelle Ingenieur-Nachwuchs über eine regelmäßige Nutzung von Smartphones und Tablets extrem medienaffin, eine profunde Medienkompetenz habe sich aber nicht proportional mit entwickelt. Dies sei die Startlinie, an der es Studierende abzuholen und sie unter Einsatz digitaler Hilfsmittel auf ihre facettenreiche Berufstätigkeit vorzubereiten gelte. „Neben den fachlichen Kompetenzen in der Ausbildung von Bauingenieuren gewinnen auch sogenannte Future Skills im universitären Curriculum zunehmend an Relevanz“, so Professor Nacken. Hierzu zählten digitale Skills, sozial kompetentes Handeln im digitalen wie im analogen Raum und Problemlösungs- und Kommunikationsskills.

„Um die Studierenden zu erreichen, müssen heute individualisierte neue Wege beschritten werden“, erklärte der für Digitalisierungsstrategien der RWTH Aachen verantwortliche Hochschullehrer. An seinem Lehrstuhl in Aachen habe man hierfür einen VR-basierten Open-Source-Ansatz entwickelt, mit dem verschiedene wasserwirtschaftliche Szenarien durchgespielt werden könnten. Auf dieser Basis könne nicht nur die Berechnung eines Hochwasserrückhaltebeckens durchgeführt werden, auch praktische Handgriffe könnten erprobt werden, und in einer virtuellen Townhall sei es möglich, über Rollenspiele eine professionelle Bürgerkommunikation zu erlernen.

„Nicht selten resultieren Bauprozessstörungen auch aus Störungen der Kommunikationsabläufe“, so Professor Nacken. Bei dem Projekt „Stuttgart 21“ etwa sei es eines der wesentlichen Probleme gewesen, dass der Nutzwert und die Vorteile der Baumaßnahme viel zu schlecht kommuniziert worden seien. Solche Szenarien könnten durch virtuelles Training verhindert werden. „VR und Realität sind natürlich nicht zu 100 Prozent deckungsgleich. VR-basierte Ansätze vermögen aber Realität ungefähr zu 80 Prozent abzubilden“, so Prof. Nacken. Bezogen auf den Leitungsbau bedeute dies, dass auch für das berufliche Umfeld relevante handwerkliche Techniken vom Ansatz her vermittelbar seien. So könnten zum Beispiel wesentliche Grundsätze des Schweißens auf Distanz gelehrt werden, um dann das entscheidende haptische Finish, die letzten 20 Prozent, schneller und effizienter in einer Schulung vor Ort zu erlernen.

Damit der Vortrag keine graue Theorie blieb, nutzten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Pausen die Gelegenheit zum Switch in die Virtual Reality. Mit der bereitgestellten VR-Brille wurden die Inhalte der Key-Note auch plastisch erlebbar.
Leitungsbau auf der gesamten Bandbreite

In weiteren Vortragsthemen des ersten Veranstaltungstages ging es um Wasserstoff als klimaneutralen Energieträger und Zukunftsmedium sowie um eine sichere „Baustellenkoordination und Baustellenabsperrung“ auf Basis der neuen RSA 21. Hinzu kamen ein Erfahrungsbericht über die „Inbetriebnahme einer modernen Gas-Pipeline“ sowie Vorträge über „Soziale Anforderungen an den Bereitschaftsdienst“ und über „Drei wichtige Neuerungen des DVGW Arbeitsblattes W 291 „Reinigung und Desinfektion von Wasserversorgungsanlagen“. „Die inhaltliche Zusammenstellung der Vortragsthemen hat sehr gut zu aktuellen Schwerpunkten des Baustellengeschehens gepasst“, so das zufriedene Fazit der anwesenden Netzmeisterinnen und Netzmeister. Zudem sei ein Blick über den Tellerrand der Praxis zu übergeordneten Themen der Branche geworfen worden. Auch dieser Aspekt wurde vielfach positiv hervorgehoben.

Ein solches Feedback zeigt Kurt Rhode, bei der Berufsförderungswerk des Rohrleitungsbauverbandes GmbH (brbv) zuständig für die Aus- und Fortbildung der Netzmeister, dass er mit der Organisation der Netzmeistertage und mit dem gewählten Themenspektrum den Nerv der Branche getroffen hat. „Es ist schön zu hören, dass es uns auch nach einem Jahr Corona-Abstinenz wieder gelungen ist, einen interessanten Vortragsmix aus Fokus-Themen des Leitungsbaus und wichtigen Praxis-Informationen zusammenzustellen“, so Rhode. Und um der Tradition der Kölner Netzmeistertage in jeder Beziehung gerecht zu werden, bildete der gemeinsame Netzwerk-Abend den mehr als gelungenen Abschluss des erfolgreichen ersten Informationstages.

Viel praktischer Input

Die mit 20 Ausstellern ausgebuchte begleitende Fachausstellung sowie die rund halbstündigen Industrievorträge und die exakt auf die Vortragsinhalte abgestimmten Praxisvorführungen im Ausstellungsbereich bildeten das Herzstück des zweiten Veranstaltungstages. Zu den Themenschwerpunkten zählten hier das „Neue Regelwerk G 465-1 und die Auswirkungen auf die Gasrohrnetzkontrolle“, der „Schutz vor Schäden durch Unterdruck und Luftansammlungen im Druckrohr“, die „Fahrzeuggestützte Rohrnetzüberprüfung mit dem Esders Laser-Hunter“ sowie eine erfolgreiche „Netzerweiterung ohne Versorgungsunterbrechung“ und der Einsatz von „Bodenradar für digitale 3D-Objektlokalisierung in Echtzeit“. Die maßgeschneiderte Kombination von Theorie und praktischer Demonstration machte auch hier wieder einen Unterschied im Verhältnis zu anderen Vortragsformaten der Branche.

Schritt halten

Aktuelles Methoden- und Produktwissen standen bei den 5. Kölner Netzmeistertagen im Zentrum der inhaltlichen Konzeption. Hiermit entsteht für die teilnehmenden Netzmeisterinnen und Netzmeister ein besonderer Mehrwert. Denn auf Basis des erworbenen Wissens können sie stets Schritt mit den vielen Entwicklungen der Branche halten – beim Technischen Regelwerk, bei der Digitalisierung oder bei der Automatisierung vieler Arbeitsbereiche. Ein außergewöhnliches Highlight waren die beiden Veranstaltungstage aber auch gerade deshalb, weil sie nach den vielen Monaten der Kommunikation auf Distanz wieder die Möglichkeit zu einem persönlichen Gedankenaustausch über die gesamte Bandbreite des Leitungsbaus boten. Um hierfür auch einen gesundheitlich sicheren Rahmen zu schaffen, wurde das Networking-Event als 2G-Veranstaltung durchgeführt. Und das Wichtigste zum Schluss, denn Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude: Die 6. Kölner Netzmeistertage finden am 2. und 3. Mai 2023 in Köln statt.

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