Neue Methode kann bis zu 95% der in Rohrleitungen verbrauchten Pumpenergie einsparen
30.01.2018
Strömungen durch Rohre und Rohrleitungen sind meist turbulent. Bisher wurde angenommen, dass eine turbulente Strömung stets turbulent bleibt. Forscher am Institute of Science and Technology Austria, darunter Professor Björn Hof und Ko-Erstautoren Jakob Kühnen und Baofang Song, haben jetzt gezeigt, dass dies nicht der Fall ist.
In ihren Experimenten, welche sie in Nature Physics publizierten, konnten sie Turbulenz in einem Rohr so beeinflussen, dass die Strömung einen laminaren, also nicht-turbulenten, Zustand annahm. Sie beobachteten auch, dass die Strömung danach laminar blieb. Eine turbulente Strömung in eine laminare umzuwandeln kann bis zu 95% der benötigten Pumpenergie einsparen.
Von Wasser über Öl bis hin zu Erdgas wird weltweit eine enorme Menge an Flüssigkeiten und Gasen in Rohren transportiert. Die für den Transport benötigte Pumpenergie ist beträchtlich und beträgt etwa 10% des globalen Stromverbrauchs. Es ist daher wenig überraschend, dass ForscherInnen weltweit intensiv daran arbeiten, diese Kosten zu verringern. Turbulenz verursacht einen drastischen Anstieg des Reibungswiderstandes in Rohren und bewirkt somit, dass sehr viel mehr Energie benötigt wird um die Flüssigkeit durch Rohre zu pumpen.
Bisherige Ansätze zielten darauf ab, die Amplituden der Turbulenz lokal zu verringern. Jetzt hat die Forschungsgruppe von Björn Hof am IST Austria einen völlig neuen Zugang gewählt: Anstatt die Turbulenz temporär zu schwächen konnte sie die Turbulenz derart destabilisieren, dass sie zerfiel und die Strömung laminar wurde.
Bei der sogenannten laminaren Strömung fließt die Flüssigkeit in parallelen Schichten, die sich nicht vermischen. Gewissermaßen das Gegenteil davon ist die turbulente Strömung, welche durch Wirbel und chaotische Fluktuationen in Druck und Geschwindigkeit innerhalb der Flüssigkeit charakterisiert ist. Die meisten Strömungen, die wir in der Natur und der Technik beobachten, sind turbulent – vom aufsteigenden Rauch einer gelöschten Kerze zum Blutfluss in der linken Herzkammer.
Es wurde bis jetzt angenommen, dass Turbulenz in Rohren stabil ist. Die Bemühungen, Energiekosten zu sparen, konzentrierten sich daher nur darauf, das Ausmaß der Turbulenz zu verringern und nicht darauf, sie komplett zu tilgen. In ihrem Grundsatzbeweis zeigten Björn Hof und seine Gruppe nun, dass diese Annahme falsch war, und dass eine turbulente Strömung tatsächlich vollständig in eine laminare umgewandelt werden kann. Die Strömung bleibt danach laminar, sofern sie nicht wieder gestört wird.
“Niemand wusste, dass es möglich ist, Turbulenz in der Praxis relativ leicht wieder loszuwerden. Wir haben nun gezeigt, dass es zu schaffen ist. Dadurch ergeben sich auch völlig neue Möglichkeiten, um energiesparende Anwendungen für Pipelines zu entwickeln“, erklärt Jakob Kühnen.
Das Geheimnis liegt im Geschwindigkeitsprofil, also im Verlauf der Fließgeschwindigkeit über den Querschnitt des Rohres. Die Flüssigkeit fließt in der Mitte des Rohrs am schnellsten und in der Nähe der Wände viel langsamer. Indem die Forscher Rotoren in die Strömung platzierten, die den Unterschied zwischen der Fließgeschwindigkeit in der Mitte und an den Wänden reduzierten, erzielten die Forscher ein viel „flacheres“ Geschwindigkeitsprofil.
Bei solchen Strömungsprofilen scheitern die physikalischen Mechanismen, die turbulente Wirbel erhalten und erzeugen, und die Flüssigkeit kehrt zurück in eine reibungsarme, laminare Bewegung. Sie bleibt laminar, bis sie das Ende des Rohres erreicht. Ein anderer Weg, um ein flaches Geschwindigkeitsprofil zu erreichen, ist, Flüssigkeit von den Wänden einzudüsen.
Ein weiterer Weg, um ein flaches Geschwindigkeitsprofil zu erzielen, war, Teile des Rohres zu verschieben: Indem die Forscher die Wände in einem Bereich des Rohres schnell bewegten, erreichten sie dasselbe flache Profil, das den laminaren Fluss wiederherstellte.
Die Forscher haben bereits zwei Patente für ihre Entdeckungen angemeldet. Um ihre erfolgreichen Konzeptnachweis-Experimente in eine alltagstaugliche Anwendung überzuführen, welche tatsächlich in Öl- und Wasser-Pipelines in der ganzen Welt verwendet werden kann, bedarf es allerdings noch einiger weiterer Entwicklungsarbeit. Bisher wurde das Konzept für eher geringere Geschwindigkeiten experimentell bewiesen.
In Pipelines werden jedoch Anwendungen benötigt, die bei größeren Geschwindigkeiten funktionieren. In Computersimulationen allerdings führte ein flaches Geschwindigkeitsprofil immer zu einer erfolgreichen Beseitigung der Turbulenz, was für zukünftige Entwicklungen vielversprechend ist. “In Computersimulationen haben wir die Auswirkung von flachen Geschwindigkeitsprofilen für Reynoldszahlen bis zu 100.000 getestet, und es hat immer funktioniert. Der nächste Schritt ist jetzt, dies auch für hohe Geschwindigkeiten in Experimenten zu schaffen“, sagt Björn Hof.
More News and Articles
07.08.2025
News
Kanalgipfel 2025: Netzweite operative Bedarfsplanung mittels individuellem Sanierungskosten- und Entscheidungsmodell
Die Entwässerungssysteme unserer Städte sind ein wesentlicher Bestandteil des kommunalen Anlagevermögens. Die große Zukunftsaufgabe, …
26.05.2025
News
Kanalgipfel 2025: Smart Processing – mit KI-Technologien von der Kanalinspektion bis zur Sanierungsstrategie
Die Entwässerungssysteme unserer Städte sind ein wesentlicher Bestandteil des kommunalen Anlagevermögens. Die große Zukunftsaufgabe, …
12.05.2025
News
Kanalgipfel 2025: Stand der Kanalsanierung in Deutschland – Eine kritische Betrachtung
Die Entwässerungssysteme unserer Städte sind ein wesentlicher Bestandteil des kommunalen Anlagevermögens. Die große Zukunftsaufgabe, vor der viele Kommunen …
28.08.2024
News
ITpipes Secures $20M to Transform Water Infrastructure Management
ITpipes announced it has secured $20 million in equity financing from Trilogy Search Partners and Miramar Equity Partners.
Known for its trusted and user-friendly platform, ITpipes …
26.08.2024
News
Professor Dr.-Ing. Dietrich Stein
With deep sadness we announce the loss of our founder and partner Prof Dr Dietrich Stein at the age of 85.
Engineers around the globe are thankful for his dedication to the inventions in the fields of sewers, …
26.08.2024
News
PPI Releases New Installation Guide for PE4710 Pipe
PPI’s MAB-11-2024 Covers HDPE Water Pipelines Up to 60-in. Diameter and 10,000-ft Long Pulls
Developed by the Municipal Advisory Board (MAB) – and published with the help of the members of the …
23.08.2024
News
Faster wide-scale leak detection now within reach
Mass deployment of connected leak loggers is being made possible by the latest technology, writes Tony Gwynne, global leakage solutions director, Ovarro
Water companies in England and Wales are …
21.08.2024
News
Kraken awakens customer service potential in water
The innovative customer service platform Kraken has made a successful transfer from energy to water. Ahead of their presentation at UKWIR’s annual conference, Portsmouth Water chief executive …
19.08.2024
News
Predicting the toxicity of chemicals with AI
Researchers at Eawag and the Swiss Data Science Center have trained AI algorithms with a comprehensive ecotoxicological dataset. Now their machine learning models can predict how toxic chemicals are …
16.08.2024
News
Goodbye water loss: Trenchless pipe renewal in Brazil
Pipe renewal in Brazil
How do you stop water loss through leaks in old pipe systems without major environmental impacts and restrictions? The answer: with trenchless technology, or more precisely …
14.08.2024
Fachartikel
Impact of high-temperature heat storage on groundwater
In a recently launched project, the aquatic research institute Eawag is investigating how the use of borehole thermal energy storage (BTES) affects the surrounding soil, the groundwater …
12.08.2024
News
Watercare completes East Coast Bays sewer link
Watercare has successfully finished the final connection on the East Coast Bays link sewer at Windsor Park in New Zealand.
Much of the East Coast Bays sewer link was installed using horizontal directional …
Kontakt
Institute of Science and Technology Austria (IST Austria)
Am Campus 1
3400 Klosterneuburg
Österreich
Telefon:
+43 2243 9000
Fax:
+43 2243 9000 2000