Mit duktilen Gussrohren und Steinwolle zu einem besseren Stadtklima
18.11.2021
Hitzewellen, lange Trockenzeit, Starkregen und Überschwemmungen – extreme Wetterereignisse als Folge des Klimawandels zeigen die hohe Vulnerabilität der Städte. Das Projekt BoRSiS (Boden-Rohr-System als innovatives Element der klimaangepassten Stadtentwässerung) setzt sich mit Anpassungsstrategien an den Klimawandel auseinander und entwickelt ein marktfähiges und praxisnahes Speicherkonzept aus Steinwolle und duktilen Gussrohren. Neben Professoren der HRW sind die Hochschule Bochum, Industrievertreter, ein Baumökologe sowie die Stadt Detmold in das Projekt eingebunden.
Schattenspendende Bäume spielen für ein besseres und (kühleres) Mikroklima in Städten bei zunehmender Sommerhitze eine wichtige Rolle. Um sie zu wässern werden immer mehr Baumrigolen eingesetzt. Rigolen sind (unterirdische) Speicherkörper z. B. aus Kies, wo das Wasser im Porenvolumen gespeichert wird, Mulden sind Vertiefungen auf der Oberfläche, welche für die Speicherung des Wassers dienen. Dort kann das (Stark-)Regenwasser aber nur kurz gespeichert werden, da das Speichervolumen auf den Baumstandort begrenzt ist.
Das Ziel von BoRSiS ist es, im Leitungsgraben von Rohren unter den Gehwegen oder Straßen Wasser zu speichern und zeitverzögert zur Bewässerung von Stadtbäumen abzugeben. Durch die Nutzung des Leitungsgrabens steht ein erweiterter Speicher für Niederschlagswasser und für den Wurzelraum zur Verfügung, ohne dass ein zusätzlicher Platzbedarf auf der Oberfläche (gegenüber Versickerungsmulden) erforderlich ist.
Um den bisher ungenutzten Leitungsgraben überhaupt als Speicher für Niederschlagswasser und Wurzelraum nutzen zu können, ist eine Abkehr von der bisherigen Praxis erforderlich. Derzeit werden Leitungsgräben hoch verdichtet, um eine stabile Bettung der Rohre zu gewährleisten. Wurzeln sollen soweit möglich vom Leitungsgraben ferngehalten werden. Rohre aus duktilem Gusseisen, wie sie von den Mitgliedern des Industriepartners EADIPS®/FGR® e. V. hergestellt werden, können in porenreiche, grobe Schottermaterialien gebettet werden. Sie gelten als wurzelfest, sodass Baumwurzeln in den Leitungsgraben dieses Boden-Rohr-Systems einwachsen können ohne das Rohr zu schädigen. Außerdem wird ein neuartiges Material für den Leitungsgraben getestet. Der Industriepartner Rockflow hat einen Leitungsgraben aus Steinwolle entwickelt, der gegenüber Kieskörpern mit 95 Prozent ein höheres Speichervermögen besitzt.
Neben wasserwirtschaftlichen Fragestellungen werden auch geotechnische (Lastabtrag der Verkehrslasten, Kontakterosion) ökonomische (Kosten-Nutzen Analysen, Fragestellungen zur Abwassergebühr bei gemeinsamer öffentlicher und privater Nutzung) und ökologische (Anforderungen durch die Bäume, Analyse der Wirksamkeit) Aspekte berücksichtigt. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit wird ein ganzheitlicher, innovativer Lösungsansatz entwickelt, dessen praxisnahe Umsetzung durch die Praxispartner noch erhöht wird.
Der besondere Mehrwert im Projekt liegt somit insbesondere in der interdisziplinären, ganzheitlichen Herangehensweise zur Lösung wichtiger gesellschaftlicher Problemstellungen als Folge des Klimawandels. Es werden grundlegende offene sowie praxisrelevante Fragen zur Umsetzung des Boden-Rohr-Systems untersucht. Das Projekt ist prädestiniert für ein Promotionsvorhaben zum ganzheitlichen Starkregen- und Klimaanpassungskonzept sowie zum Regenwassermanagement inklusive eines Monitoringkonzeptes.
Beteiligt an diesem Verbundprojekt sind neben den HRW Instituten Bauingenieurwesen und Wirtschaft die Hochschule Bochum (Wasserbau und Hydromechanik), die Fachgemeinschaft Euopean Association for Ductile Iron Pipe Systems (EADIPS), das Unternehmen Rockflow und auch die Stadt Detmold. Die geplante kooperative Promotion wird durch das Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen begleitet. Konsortialführer ist Prof. Dr. Markus Quirmbach vom Institut Bauingenieurwesen. Das Projekt ist geplant bis September 2024. Finanziert wird das Projekt neben Eigenanteilen der Industriepartner durch eine Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Förderprogramm „Forschung an Fachhochschulen“ unter dem Förderkennzeichen 13FH002KA0.
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