Komplexe Aufgabe, gemeinsam gelöst
23.02.2021
Kooperation aus CTR und RAC setzt Kegelstrahlschieber der Schleuse Hilpoltstein instand
Der Main-Donau-Kanal ist mit einer Länge von rund 171 Kilometern eine wichtige Bundeswasserstraße, die den Main mit der Donau verbindet. Dabei sorgen insgesamt 16 Schleusen für die Überwindung der Höhenunterschiede auf der Strecke. Zwischen den beiden Schleusen Hilpoltstein und Bachhausen liegt die knapp 17 Kilometer lange Scheitelhaltung, die mit 406 Meter über NN den höchsten Punkt im europäischen Wasserstraßennetz bildet.
Der Höhenunterschied, den die Schiffe mit der Schleuse Hilpoltstein dabei überwinden, beträgt stolze 24,67 Meter. Damit ist sie eine der drei Schleusen mit der größten Schleusenfallhöhe, die bislang in Deutschland gebaut wurde. Umso wichtiger ist es, dass die Schleuse stets einwandfrei funktioniert.
Für diese Zwecke werden regelmäßig Inspektionen und Wartungen sowie Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt. Bei einer dieser Inspektionen wurden verschiedene Schäden an dem Kegelstrahlschieber des Leerschusskanals festgestellt. Zur Instandsetzung des Kegelstrahlschiebers, der bei einem Durchmesser von 1,5 Metern und einer Länge von circa 4,5 Metern ein Gewicht von gut neun Tonnen hat, beauftragte die Fachstelle Maschinenwesen Süd beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt MDK Donau die Firma Coswiger Tief- und Rohrleitungsbau GmbH (CTR) und als Nachauftragsnehmer die Firma RAC-Rohrleitungsbau Altchemnitz GmbH beziehungsweise die 100-prozentige Tochtergesellschaft RAC Service GmbH, die sich unter anderem im Bereich Stahlbau auf die Instandsetzung von Armaturen, Pumpen sowie von Arbeits- und Kraftmaschinen spezialisiert hat.
Gemeinsam verfügen die Unternehmen über das notwendige Know-how, um diese Instandsetzung erfolgreich durchzuführen. Die Coswiger Tief- und Rohrleitungsbau GmbH mit Sitz in Coswig ist seit 1998 Mitglied im rbv und verfügt über die Zertifikate GW 301: G1 ge, st, pe/W1 ge, st, az, ku, pe/BMS und GW 302 R2/GN3. Das in Chemnitz ansässige Unternehmen RAC Service GmbH wurde im Jahr 2005 als Tochtergesellschaft der RAC-Rohrleitungsbau Altchemnitz GmbH gegründet, die ebenfalls seit 1998 rbv-Mitglied ist. Unter anderem ist RAC nach DVGW-Arbeitsblatt GW 301 und AGFW-Arbeitsblatt FW 601 zertifiziert. Darüber hinaus werden Qualitätsanforderungen gemäß DIN EN ISO 3884-3, Druckgeräterichtlinie 97/23/EG nach AD 2000-Merkblatt HP 0 oder nach DIN 18800-7:2002-09 Klasse E erfüllt.
Kompaktes System
Entlang der Schleuse Hilpoltstein befindet sich der sogenannte Leerschusskanal, durch den Wasser um die Schleuse herum vom Ober- ins Unterwasser geleitet wird. Er wird hauptsächlich zur Wasserüberleitung vom wasserreichen Donaugebiet in das wasserarme Maingebiet genutzt. Da ein ungeregelter Durchfluss zu einem Absinken des Wasserstandes im Oberwasser führen würde, wird der Abfluss durch einen Kegelstrahlschieber reguliert.
Dieser besteht aus einem Schieberrohr und einer Schieberhülse, die über einen hydraulischen Antrieb angetrieben wird. Hierdurch kann die radiale Öffnung des Kegelstrahlschiebers verändert und die Durchflussmenge geregelt werden. Zusätzlich zu der Regulierung der Durchflussmenge kann mithilfe einer Absperrklappe, die als Notbeziehungsweise Revisionsverschluss dient, der Zufluss zu dem Kegelstrahlschieber komplett unterbunden werden. Zwischen Absperrklappe und Kegelstrahlschieber liegt ein Zwischenrohr. Oberhalb der gesamten Konstruktion aus Absperrklappe, Zwischenrohr und Kegelstrahlschieber befindet sich der Hydraulikantrieb der Schieberhülse.
Bei einer routinemäßigen Inspektion der Schleuse und des Leerschusskanals hatte sich nun herausgestellt, dass der Kegelstrahlschieber verschiedene Verschleißerscheinungen aufwies. Unter anderem waren die Gleitlager und die Anschlagpunkte der Hydraulikzylinder an der Schieberhülse verschlissen, an einem der Wasserleitbleche wurde ein Schweißnahtriss festgestellt und im Auslassbereich des Kegelstrahlschieber entdeckte man Kavitationsschäden, die durch den Unterdruck beim Durchfließen entstanden sind.
Auch die Absperrklappe und das Zwischenrohr wiesen Schäden auf, die ebenfalls instandgesetzt werden mussten. Zudem sollte das Zwischenrohr eingekürzt und mit einem neu herzustellenden Ausbaustück ergänzt werden. Dieses neue Ausbaustück soll zukünftig eine einfachere Zugänglichkeit und Wartung des Rohrstrangs möglich machen. Da für die Beseitigung der vorliegenden Schäden der Kegelstrahlschieber in seine Einzelteile zerlegt werden musste und auch das Einkürzen des Zwischenrohres nicht vor Ort erfolgen konnte, wurden beide Bauteile aus der Anlage ausgebaut, extern aufgearbeitet beziehungsweise bearbeitet und anschließend wieder eingebaut.
Dies erfolgte Anfang 2018 beziehungsweise im gleichen Jahr im Dezember während der turnusmäßigen Außerbetriebnahme der Schleuse für Inspektionszwecke. Für die Zeitdauer zwischen Aus- und Wiedereinbau wurden die verbleibenden offenen Rohrenden mit Blindflanschen und Dichtungen verschlossen, damit kein Wasser in den Antriebsraum eindringen konnte.
Schritt für Schritt zum Ziel
Für die komplexen Arbeiten zur Instandsetzung des Kegelstrahlschiebers waren unterschiedliche Fachkompetenzen gefragt. Daher entschied sich CTR vor der Angebotsabgabe die Aufarbeitung des ausgebauten Kegelstrahlschiebers und der Absperrklappe sowie die Kürzung des Zwischenrohres an RAC zu vergeben. Sämtliche anderen Arbeiten, wie die komplette Demontage der einzelnen Teile, Planung und Herstellung sowie Montage der beiden Blindflansche und deren Dichtungen, Fertigung des neuen Ausbaustückes und den Wiedereinbau aller Teile übernahm CTR selbst.
„Wir suchen für uns immer Projekte, die besonders spannend sind. Und dieses war durchaus eine Herausforderung“, erläutert Jörg Werner, technischer Geschäftsführer von CTR. Der Ausbau des Kegelstrahlschiebers und des ungekürzten Zwischenrohres sei ein komplexer Vorgang gewesen, der durch die eigene Konstruktionsabteilung begleitet und betreut wurde. „Nicht nur, dass der Kegelstrahlschieber mit einem Gewicht von gut neun Tonnen nicht gerade leicht gewesen sei, auch der vorhandene Raum für den Ausbauvorgang innerhalb des Antriebsraumes war sehr begrenzt“, so Werner weiter.
Der Raum rechts und links neben dem Reglungsorgan sei kaum vorhanden gewesen und oberhalb habe sich der Hydraulikantrieb befunden, welchen man zunächst habe ausbauen müssen, um an die darunterliegenden Teile der Anlage gelangen zu können.
Nach der Demontage erfolgte der Transport des Kegelstrahlschiebers zusammen mit dem Zwischenrohr und der Absperrklappe nach Chemnitz in die Werkshallen von RAC. Zusätzlich musste ein Teil des Hydraulikantriebes ebenfalls nach Chemnitz gebracht werden, um im Werk einen Probebetrieb und die notwendigen Prüfungen nach der Instandsetzung durchführen zu können.
In Einzelteile zerlegt
Für die fachgerechte Instandsetzung des Kegelstrahlschiebers musste dieser zunächst in seine Einzelteile zerlegt werden. Mithilfe eines Hallenkrans wurde er vertikal aufgerichtet und anschließend das Schieberrohr aus der Schieberhülse herausgehoben. Bevor sie die Kavitationsschäden durch mehrlagige Auftragsschweißungen beseitigten, brachten die geschulten Mitarbeiter von RAC Glühgürtel an dem Schieberrohr an.
Diese dienten der kontrollierten Wärmehaltung während der Schweißarbeiten. Nach Abschluss der Schweißarbeiten und der mechanischen Bearbeitung erhielt das Schieberrohr eine Zink- Grundbeschichtung. Anschließend erfolgte die Prüfung der Schweißnähte mit dem Magnetpulververfahren. Die Kavitationsschäden an der Schieberhülse wurden auf die gleiche Art und Weise durch Auftragsschweißungen unter Verwendung von Glühgürteln behoben.
Nach der mechanischen Bearbeitung wurde zur Überprüfung der vorgegebenen Einbaumaße die Schieberhülse mithilfe des Hallenkranes über das Schieberrohr gefahren. Diese Prüfung verlief positiv: Die Schieberhülse glitt leichtgängig über die Aluminiumbronze-Gleitschienen des Schieberrohres.
Der abschließende Korrosionsschutz aller einzelnen Bauteile erfolgte nach DIN EN ISO 12944 „Beschichtungsstoffe – Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme“. Die Gesamtbeschichtung setzte sich demnach aus einer Grundbeschichtung, zwei Zwischenbeschichtungen und einer Endbeschichtung zusammen.
Die einzelnen Schichtdicken wurden dabei mit einem Schichtdicken-Messgerät gemessen und die Werte im Rahmen der Qualitätsüberwachung dokumentiert. Ebenso Bestandteil der Qualitätsüberwachung war die Funktions- und Druckprüfung des fertig instand- und wieder zusammengesetzten Kegelstrahlschiebers. Hier kam auch der Hydraulikantrieb zum Einsatz, der extra für diesen Zweck mit nach Chemnitz geliefert worden war. Nach Abschluss aller Instandsetzungsarbeiten wurden der komplette Kegelstrahlschieber, das gekürzte Zwischenrohr, die Absperrklappe und der Hydraulikantrieb zurück an die Schleuse Hilpoltstein geliefert.
Wiederholung nicht ausgeschlossen
„Die Montage der einzelnen Teile konnte von uns planmäßig in der Phase der Außerbetriebssetzung der Schleuse im Dezember 2018 durchgeführt werden“, resümiert Werner die Arbeiten. Theoretisch sei die Montage auch zu einem früheren Zeitpunkt möglich gewesen, aber das vorgeschriebene Zeitfenster war nicht verschiebbar.
Insgesamt zeigt sich Werner sehr zufrieden mit der Kooperation mit dem Chemnitzer Unternehmen RAC: Es gäbe im Main-Donau-Kanal noch weitere Schleusen mit Kegelstrahlschiebern, bei denen ähnliche Arbeiten erforderlich werden könnten. Eine Wiederholung der erfolgreichen Kooperation sei also durchaus denkbar. (CTR/RAC)
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