Großprojekt setzt auf FBS-Qualität: Bergisch Gladbach rüstet sich mit speziellen Betonfertigteilen gegen Hochwasser
05.12.2016
Viele Bürger der Stadt Bergisch-Gladbach erinnern sich nur ungern an das Jahrhunderthochwasser im Jahre 2012. Statistisch gesehen tritt dieses nur alle einhundert Jahre auf. Da sich die Natur aber in der Regel nicht an statistische Vorgaben hält und die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Flut durch den Klimawandel ohnehin zunimmt, haben sich die Verantwortlichen der Stadt bei Köln für umfangreiche Hochwasserschutzmaßnahmen entschieden.
Seit Oktober 2015 arbeitet die Stadt deshalb an der Umsetzung des Projekts „Strunde hoch vier“. Die Strunde ist ein rechter Nebenfluss des Rheins. Ihre Quelle liegt im Bergisch Gladbacher Stadtteil Herrenstrunden, der nach ihr benannt ist. Sie mündet heute über die rechtsrheinische Kanalisation von Köln. Die „vier“ steht bei dem Projekt des Strundeverbandes für die 4 Elemente Stadtgestaltung, Abwasserbeseitigung, Hochwasserschutz und Verkehrsführung. Alle 4 Projekte verlaufen entlang des gut 15 Kilometer langen Bachlaufes.
Neben einer großflächigen Offenlegung der Strunde, stehen die wasserwirtschaftlichen Oberziele zur Verbesserung des Hochwasserschutzes im Mittelpunkt der 7 Lose umfassenden Baumaßnahme. Einen wesentlichen Beitrag zum Hochwasserschutz liefern die zahlreichen Rahmenprofile in FBS-Qualität, mit denen der Querschnitt der bisherigen Kanalisation deutlich vergrößert werden konnte.
Der Nutzungszeitraum des hier zu sanierenden Kanalnetzes war mit einem Alter von bis zu 80 Jahren lange abgelaufen. Im Bereich des Stadthauses wird daher ein Regenklärbecken mit einem Fassungsvolumen von etwa 250 m³ entstehen. Hier sind ebenso mehrere Zu- und Ablaufkanäle vorgesehen. Die Beckenabläufe werden an das neu hergestellte und dort parallel verlaufende Hochwasserprofil der Strunde angeschlossen.
Im Zusammenhang mit dem strukturfördernden Programm der Regionale 2010 wurde bereits im Bereich des Bruchmühlenparks vorlaufend ein Teilabschnitt der Strunde durch Offenlegung umgestaltet. Diese Maßnahme wird nun mit dem Bau eines Durchlass- und Verzweigungsbauwerks in der Odenthaler Straße und dem sich daran anschließenden Niedrigwasserprofil abschließend fertig gestellt.
Dipl.-Ing. Matthias Borkenfeld von der TUTTAHS & MEYER Ingenieurgesellschaft aus Bochum erklärt die Besonderheiten des Projektes: „Die Schwierigkeit bei der bauherrenseitig durchgeführten Entwurfs- und Ausführungsplanung bestand darin, die Querschnittsgrößen für die neue Kanalisation so zu berechnen, dass ein optimaler hydraulischer Abfluss gewährleistet wird. Schließlich bauen wir hier im Bestand und müssen uns an die vorhandenen Gefällegegebenheiten anpassen.“
Rahmenprofile in unterschiedlichen Querschnitten
Deshalb war es für die Planer von Vorteil, dass das Lieferwerk der Stahlbetonkastenprofile in der Lage war - je nach hydraulischer Berechnung - zahlreiche unterschiedliche Querschnitte in verschiedenen Baulängen für die Maßnahme zur Verfügung zu stellen. So lieferte die Firma Kleihues Betonbauteile aus ihrem Werk in Emsbüren alleine für das Los eins 244 Laufmeter Rahmenprofile im Querschnitt 150 x 150 cm (Baulänge 3 m), 187 Laufmeter Rahmenprofile im Querschnitt 300 x 250 cm (Baulänge 2,50 m), und 23 Laufmeter Rahmenprofile im Querschnitt 300 x 200 cm (Baulänge 2,60 m).
Matthias Borkenfeld erklärt: „Mit den neuen Querschnittsgrößen konnten wir in etwa eine Verdoppelung des Wasserdurchflusses realisieren. Die angestrebte maximale Durchflussmenge für ein mögliches Jahrhunderthochwasser von 10.000 Litern pro Sekunde wurde damit spielend erreicht.“
Der eigentliche Hochwasserschutz erfolgt dabei über ein Trennbauwerk: Der Niedrigwasserzufluss wird über ein offenes Gerinne abgeleitet. Dies ist auch aus städteplanerischer Sicht wünschenswert, da sich dadurch innerhalb der Stadt ein besseres Kleinklima ergibt. Bei stärkeren Regenereignissen mit einer Niederschlagsmenge bis zu 600 Litern pro Sekunde wird das Wasser über einen Hochwasserschutzkanal abgeleitet.
Einbau geprüfter Qualität dank FBS-Qualitätsrichtlinie
Die Besonderheit der Großmaßnahme liegt aber auch in den speziellen Eigenschaften der verwendeten Rahmenprofile, denn diese werden nach den Qualitätsrichtlinien der Fachvereinigung Betonrohre und Stahlbetonrohre (FBS) gefertigt. Diese beinhalten eine umfassende werkseigene Produktionskontrolle und stellen eine lückenlose Qualitätsüberwachung von den Ausgangsstoffen über die Herstellung bis zu den Endprodukten sicher.
Darüber hinaus sorgt eine halbjährliche Fremdüberwachung durch bauaufsichtlich anerkannte Güteschutzgemeinschaften und Prüfinstitute für die Einhaltung der hohen Standards. Hierzu Matthias Borkenfeld: „Die Verwendung von FBS-Materialien gibt uns die Sicherheit, dass wir hier eine geprüfte Qualität einbauen. Von Bedeutung sind für uns vor allem die guten Eigenschaften der Rahmenprofile in FBS-Qualität in Punkto Dichtheit, Tragfähigkeit, und der Hydraulik.“
Prüfbare Dichtung bietet viele Vorteile
Die Dichtheit der hier verwendeten Rahmenprofile wird durch den Einsatz einer Doppelkeilgleitdichtung aus Elastomeren mit dichter Struktur gewährleistet. Das Besondere daran: bei dieser so genannten PDK-Dichtung handelt es sich um eine prüfbare Dichtung. Anstelle einer aufwändigen Vollfüllung erfolgt hierbei die Dichtheitsprüfung des Kanales mittels einer Muffenprüfung. Die Verbindung der Fertigteile wird dabei direkt nach dem Verlegen oder zu jedem beliebigen Zeitpunkt nach DIN EN 1610 mittels Luft oder Wasserdruck geprüft. Die erfolgreiche Druckprüfung wird hierbei dokumentiert.
Matthias Borkenfeld erklärt die Vorteile dieser prüfbaren Dichtung: „Die PDK Dichtung entspricht den Anforderungen der DIN EN 681-1 / DIN 4060 [88] (Elastomer-Dichtungen) und der FBS-Qualitätsrichtlinie. Sie verfügt über zwei Ventile mit deren Hilfe im Prüfraum zwischen beiden Keilen eine Dichtheitsprüfung sowohl gegen die Muffe und über Perforierungen im Steg, gegen das Spitzende durchgeführt werden kann.
Somit ist eine Muffeninnendruckprüfung ohne zusätzlichen Baustellenaufwand möglich. Unmittelbar nach der Montage kann die Baugrube wieder verfüllt werden. Auch im laufenden Kanalbetrieb ist eine Druckprüfung vor Ablauf der Gewährleistungsfrist möglich. Sollten Undichtigkeiten festgestellt werden, so kann ohne großen Aufwand eine nachträgliche Abdichtung erfolgen.“
Mitte 2017 wird ein Großteil der Bauarbeiten bereits abgeschlossen sein. Sollte das nächste Jahrhunderthochwasser doch schneller kommen als es die Statistik vorgibt, so wäre die Stadt mit dem sanierten Kanalnetz rund um die Strunde dafür bestens gerüstet.
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