Wasserversorgung Attisholz-Süd
26.06.2019
Erschließung für amerikanisches Biotech Unternehmen
Die 1881 gegründete Cellulose Attisholz AG war die erste und einzige Cellulosefabrik in der Schweiz. Das östlich der Kantonshauptstadt Solothurn gelegene Werk wurde 2002 nach Jahren turbulenter Firmengeschichte an das Unternehmen Borregaard verkauft, eine Tochtergesellschaft des norwegischen Mischkonzerns Orkla. Nachdem sich die internationalen Märkte für Cellulose in den folgenden Jahren weiter verschlechtert hatten, wurde die Cellulosefabrik 2008 geschlossen.
Industriebrache wird zu neuem Leben erweckt
Auf der so entstandenen größten Industriebrache der Schweiz, dem ehemaligen Standort der Cellulosefabrik Attisholz, wird nun nach der Entwicklung und Neuausrichtung des Areals ein Stück Solothurner Industriegeschichte weitergeschrieben.
Südlich des Flusses Aare wird auf einem 50 ha großen Grundstück der Gemeinde Luterbach – was der Fläche von mehr als 80 Fußballplätzen entspricht – ein Arbeitsplatzgebiet von nationaler Bedeutung geschaffen.
Bereits seit 2016 wird auf dem Gelände eine hochmoderne biopharmazeutische Produktionsanlage für das amerikanische Biopharma- Unternehmen Biogen gebaut. Das Investitionsvolumen beträgt ca. 1,5 Milliarden Schweizer Franken. Auf einer Grundstücksfläche von 22 ha entsteht ein neuer Produktionskomplex, in dem Medikamente hergestellt werden.
Im ersten Bauabschnitt (Erstellungsphase 1) werden in modularer Bauweise zwei Produktionsstätten für bis zu 600 Arbeitsplätze errichtet: Bei Bedarf können weitere sogenannte Fertigungszellen verwirklicht und auf diese Weise die Produktionskapazitäten erweitert werden. Im Endausbau sollen bis zu 1.750 Beschäftigte in der neuen Fabrik tätig sein. Ab 2019 sollen die Produktionsanlagen mit den zugehörigen Labors, Büros, Lager- und Versorgungsgebäuden im Werk Luterbach in Betrieb genommen werden (https://www.biogen-solothurn.ch/projekt/).
Erschließung und Wasserversorgungsplanung Baufeld Biogen
Das Baugebiet Attisholz-Süd wird durch den Neubau von über 1.000 Meter Erschließungsstraßen, durch den Ausbau und die Umlegung von 400 Meter Kantonsstraße sowie durch den Neubau eines Kreisverkehrs erschlossen. Für die neue Infrastruktur zu den verschiedenen Industrie- respektive Gewerbegrundstücken müssen zudem die erforderlichen Werkleitungen gebaut werden. Das größte Projekt im Baugebiet Attisholz-Süd ist der Neubau der Produktionsanlagen auf dem Biogen-Areal, für deren Erschließung der Einbau von rund zehn Ver- und Entsorgungsleitungen koordiniert werden muss. Erschwert werden die Tiefbauarbeiten durch die laufenden Hochbauarbeiten mit dem entsprechend regen Baustellenverkehr.
Im Vorfeld der Bauarbeiten musste vom Eigentümer der Wasserversorgung geprüft werden, ob das Wasseraufkommen an die geänderten Verhältnisse aufgrund der Nutzungsänderung anzupassen ist. Dies geschah im Rahmen einer Teilrevision der Generellen Wasserversorgungsplanung (GWP) der Gemeinde Luterbach.
In der Schweiz bilden die kantonal geregelten gesetzlichen GWPRichtlinien die Basis für die Erstellung einer Generellen Wasserversorgungsplanung (GWP), die durch die Kantonsregierung, dem sogenannten Regierungsrat, formell genehmigt werden muss (GWP-Richtlinien für den Kanton Solothurn siehe [1]).
Eine Generelle Wasserversorgungsplanung GWP muss periodisch alle 10 bis 15 Jahre überprüft bzw. an geänderte Verhältnisse angepasst werden. Sie regelt das Erschließungsprogramm im Versorgungsgebiet und dient der Sicherstellung der Trinkwasserversorgung in Notlagen. Zudem muss die Wasserversorgungsplanung mit den übrigen Nutzungsplanungen der Kommunen und die Planungen von benachbarten und regionalen Wasserversorgungen abgestimmt werden. Die GWP ist auch die Grundlage der Förderung mit staatlichen Beiträgen und Zuschüssen.
Die generelle Wasserversorgungsplanung wurde geändert
In der rechtsgültigen Generellen Wasserversorgungsplanung (GWP) der Gemeinde Luterbach war das 22 ha große Biogen-Areal bereits als Industriezone mit einem für Luterbach üblichen Industrie- Wasserbedarf berücksichtigt worden.
Biogen benötigt jedoch mit seinen biopharmazeutischen Produktionsanlagen viel größere Wassermengen. Geplant sind im Endausbau 3.300 m³/d. Dies übersteigt den heutigen Wasserverbrauch der gesamten Gemeinde Luterbach von 760 m³/d um ein Mehrfaches. Daher musste die Wasserbeschaffung neu dargestellt und großräumig betrachtet werden.
Die Gemeinde Luterbach ist Mitglied in der regionalen Gruppenwasserversorgung Unterer Leberberg (GWUL), in der acht umliegende Gemeinden zusammengeschlossen sind. Gleichzeitig bestehen auch Verbindungsleitungen zum Wasserverbund Region Solothurn (WARESO), zur Gruppenwasserversorgung Grenchen (SWG) und zur Wasserversorgung Derendingen (EWD).
Das Fazit der detailliert erstellten Wasserbilanz war, dass mit den Wassergewinnungs-Anlagen der GWUL bis zur Erstellungsphase 2 das Biogen-Areal versorgt werden kann. Der Wasserbezug liegt in dieser Phase bei 2.200 m³/d. Erst im Endausbau mit einer benötigten Wassermenge von 3.300 m³/d müssen bei den umliegenden Versorgern zusätzlich Wasser beschafft und die Speichervolumina der Reservoire erweitert werden.
Neubau und Erweiterung Wasserleitungsnetz Attisholz-Süd
Für die Erschließung der neuen Wasser- und Löschwasserversorgung des Bauareals entschied sich die zuständige Behörde von Luterbach für Vollschutzrohre aus duktilem Gusseisen vom Typ ECOPUR des Schweizer Herstellers vonRoll. Dieses Rohrsystem wird seit Jahren für die Erneuerung der Wasserinfrastruktur in der Gemeinde eingesetzt. ECOPUR-Rohre aus duktilem Gusseisen verfügen über eine integrale Innen- und Außenbeschichtung aus Polyurethan (PUR), die nach EN 545 [2] als verstärkte Umhüllung klassifiziert ist – geeignet für den Einsatzbereich in Böden jeglicher Aggressivität. Durch den Einsatz des diffusionsdichten Guss-Rohrsystems mit einer integralen Innen- und Außenbeschichtung aus Polyurethan (PUR) wird die im GWP geforderte Betriebssicherheit der Wasserversorgung auf dem alten Industriestandort sichergestellt. Die hydraulisch glatte Polyurethan (PUR)- Auskleidung mit der minimalen Rauheit k ≤ 0,01 mm sorgt für beste Durchflusswerte bei geringerem Pumpaufwand und Energieverbrauch und senkt so die Betriebskosten beim Transportieren des Grundwassers.
ECOFIT-Formstücke und Absperrarmaturen VS 5000 mit integraler Epoxidharz-Beschichtung nach EN 14901 [3] und den erhöhten Anforderungen nach GSK/RALGZ 662 [4] komplettieren das System.
Sämtliche Steckmuffen-Systemprodukte von vonRoll – Rohre, Formstücke und Absperrarmaturen aus duktilem Gusseisen – wurden mit dem flexiblen, hauseigenen Verbindungssystem vonRoll HYDROTIGHT längskraftschlüssig gesichert.
Die Leitungstrasse für die Basiserschließung der großen Baufelder im Areal Attisholz-Süd liegt größtenteils in öffentlichen Straßen und Wegen.
Durch die Umnutzung des Geländes mit dem Neubau Biogen und mit weiteren geplanten Bauvorhaben mussten schon vor beziehungsweise während der Erstellung der Hochbauten bestehende Versorgungsleitungen und Transportleitungen der Wasserversorgung umgelegt werden. Weil der Neubau der Produktionsanlagen Biogen einen großen Bedarf an Bauwasser hat, wurde zudem bereits vor Baubeginn entlang des nördlichen Rands des Bauareals eine neue Ringleitung DN 200 zur Sicherstellung der Löschwasserversorgung errichtet. Folgende neuen Transport- und Versorgungsleitungen für Trink- und Löschwasser wurden für die Erschließung des Areals Attisholz-Süd eingebaut:
- ECOPUR DN 125 mm, Länge 40 m
- ECOPUR DN 150 mm, Länge 720 m
- ECOPUR DN 200 mm, Länge 1.425 m
- ECOPUR DN 250 mm, Länge 90 m
- ECOPUR DN 400 mm, Länge 430 m
Der Einbau der neuen Wasserversorgungsleitungen konnte dank des kompletten und einfach zu montierenden Vollschutzrohrsystems ECOSYS mit dem ECOPUR Rohr als Kernstück sehr flexibel und rationell bewältigt werden. Anschlussleitungen und deren Übergänge an die alten Graugussleitungen wurden mit den verfügbaren Systemkomponenten zuverlässig ausgeführt. Auch bei erschwerten Bedingungen wie der Unterquerung bestehender Werkleitungen mit minimalem Arbeitsraum zeichnete sich das Guss-Rohrsystem mit seiner einfachen aber durchdachten Technologie aus.
Die von der Gebäudeversicherung geforderten Löschwassermengen verlangten eine spezielle Lösung für den Wasserbezug. Mit den Hochleistungs-Industriehydranten vom Typ vonRoll (Fig. 5532) konnte auch diese Anforderung aus dem Generellen Wasserversorgungsplan erfüllt werden.
Literatur
[1] Generelle Wasserversorgungsplanung (GWP), Richtlinie zur Erstellung der GWP. Download Ausgabe 01-2006: https://www.so.ch/fileadmin/internet/bjd/bjd-afu/pdf/wasser/333_rl_01.pdf
[2] EN 545 Rohre, Formstücke und Zubehör aus duktilem Gusseisen und ihre Verbindungen für Wasserleitungen, 2010
[3] EN 14901 Rohre, Formstücke und Zubehör aus duktilem Gusseisen 2006
[4] Güte- und Prüfbestimmungen RAL GZ 662 Schwerer Korrosionsschutz von Armaturen und Formstücken durch Pulverbeschichtung, 2008-01
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