Pumpkosten reduzieren und Schäden vermeiden
28.11.2019
Be- und Entlüftung von Druckrohrleitungen
Hintergründe
Die in planmäßig vollgefüllten Leitungen eingeschlossene Luft ist grundsätzlich unerwünscht. Wenn die Luft nicht bereits beim Befüllen einer Leitung eingeschlossen wird, treten kleine Gasblasen (Luft, Kohlensäure usw.) auch während des Betriebs auf. Diese können sich dann nach und nach zu größeren Gasblasen vereinen und nach oben steigen. In der Folge sammeln sie sich dann an Hochpunkten von Rohrleitungen und bilden dort Luftpolster. Die Folgen können sehr unterschiedlich sein:
- Die Interpretation von Dichtheitsprüfungen vor der Inbetriebnahme von Leitungen wird erschwert.
- Durch die Verringerung des freien Strömungsquerschnitts und den damit verbundenen höheren Druckverlusten in der Leitung wird die Förderleistung von Pumpen gedrosselt; die Pumpkosten steigen.
- Es können Vibrationen an Pumpen und Armaturen auftreten.
- Druckstöße werden verstärkt und es kann zu Schäden an den Leitungen kommen.
Für Trinkwasserleitungen wird z. B. im DVGW-Merkblatt W 334 [1] beschrieben, dass Luftansammlungen erhebliche dynamische Druckänderungen infolge der unterschiedlichen Dichte der beiden Medien verursachen können. Daher müssen Rohrleitungen möglichst luftfrei sein und luftfrei gehalten werden. Luft kann auf verschiedenen Wegen in die Rohrleitungen gelangen, zum Beispiel:
- gelöst im Wasser
- vorhanden in der leeren oder geleerten Rohrleitung
- eingesaugt an Hochpunkten
- eingesaugt am Pumpensumpf
- eingetragen über Windkessel
Ein Sonderfall stellt die Inbetriebnahme einer Leitung dar. Direkt nach dem Bau ist das gesamte System mit Luft gefüllt und muss erst mit einer Flüssigkeit befüllt werden. Dabei ist folgendes zu beachten: Wird beim Füllen von Rohrleitungen über Entlüftungsventile die Luft abgegeben, muss die Füllgeschwindigkeit möglichst niedrig gehalten werden. Der gefürchtete Druckstoß (Joukowsky-Stoß), der dann eintritt, wenn der Schwimmkörper des Entlüftungsventils am Ende des Füllvorgangs schlagartig den Ventilsitz verschließt, muss unterhalb der zulässigen Druckbelastung (PMA = höchster zeitweise auftretender Druck, einschließlich Druckstoß, dem ein Rohrleitungsteil im Betrieb standhält [2]) der Rohrleitung bleiben. In der Regel wird der zulässige Druckstoß aus Sicherheitsgründen auf 3 bar begrenzt. Die Füllgeschwindigkeit ist nach dem DVGW-Merkblatt W 334 [1] auf 0,25 m/s begrenzt.
Zur Absicherung der Rohrleitung gegen unzulässige Druckschwankungen für einen störungsfreien Betrieb ist je nach Betriebszustand eine Belüftung oder Entlüftung der Leitungsanlage erforderlich. Die in Leitungen eingeschlossenen Gasblasen (Luft, Kohlensäure usw.) verringern den freien Strömungsquerschnitt, erhöhen den Druckverlust in der Leitung und erzeugen unter Umständen unerwünschte Druckstöße.
Die Größe und Anzahl der Entlüftungsventile ist in Abhängigkeit von der Nennweite der Leitung, der Füllmenge, der Topografie sowie der maximal zulässigen Luftgeschwindigkeit im engsten Querschnitt des Entlüftungsventils (Hauptentlüftung) festzulegen.
Bei der Größe der Belüftung geht man in der Regel davon aus, dass der Absolutdruck von 0,8 bar (0,2 bar Unterdruck) in der Leitung nicht unterschritten werden soll. Die Grenze wird erfahrungsgemäß mit genügender Sicherheit eingehalten, wenn die Lufteintrittsgeschwindigkeit im richtig dimensionierten Belüfter nicht über 80 m/s liegt. Auch aus Gründen der Lärmbelästigung soll die Geschwindigkeit von 80 m/s nicht überschritten werden.
Be- und Entlüftungsventile sind im Allgemeinen in Schächten oder Gebäuden eingebaut. Sie können auch auf oberirdisch verlaufenden Rohrleitungen angeordnet werden. Es gibt jedoch auch Ausführungen, die für den erdüberdeckten Einbau geeignet sind, so genannte Be- und Entlüftungsgarnituren.
Be- und Entlüften
Das Belüften über selbsttätige Belüftungsventile ist in folgenden Fällen erforderlich:
- Entleerung von Leitungsabschnitten
- bei Unterdruckbildung zum Schutz der Leitung (zum Beispiel hinter Rohrbruchsicherungen)
Das Entlüften ist im normalen Netzbetrieb nicht erforderlich, da durch Abzweigungen, Hydranten und vor allem Hausanschlüsse eine selbsttätige Entlüftung eintritt. Auch bei Fernleitungen ist dann keine Zwangsentlüftung erforderlich, wenn die Strömungsgeschwindigkeit ausreicht, auch bei abfallendem Leitungsverlauf, die Luftblasen mitzureißen. In Fällen, wo sich störende Luftansammlungen bilden können, sind selbsttätig wirkende Entlüfter vorzusehen. Luft in Wasserleitungen ist hauptsächlich dort zu erwarten, wo bestimmte Voraussetzungen, wie Druckabsenkungen und Temperaturerhöhungen, gegeben sind. So sammeln sich Luftblasen an
- geodätischen Hochpunkten (L 1, L 3, L 6, L 7) und
- hydraulischen Hochpunkten (L 2, L 4).
Hydraulische Hochpunkte treten ggf. in bestimmten Betriebssituationen auf und sind vorübergehender Natur. Belüften über selbsttätige Belüftungsventile ist in folgenden Fällen erforderlich:
- Entleerung von Leitungsabschnitten
- bei Unterdruckbildung zum Schutz der Leitung (z. B. hinter Rohrbruchsicherungen)
Auswahl verschiedener Be- und Entlüfter
Die meisten Bauarten der Beund Entlüfter basieren auf dem Schwimmkörperprinzip, mit und ohne Hebelverstärkung.
Schwimmkörperprinzip
Be- und Entlüfter nach dem Schwimmkörperprinzip werden mit einer Hauptentlüftung mit großem Be- bzw. Entlüftungsquerschnitt und einer Betriebsentlüftung mit kleinerem Be- bzw. Entlüftungsquerschnitt ausgeführt. Die Hauptbe- bzw. -entlüftung dient dazu, große Luftmengen aus der Rohrleitung abzuleiten bzw. zuzuführen. Das ist der Fall, wenn Rohrleitungen befüllt oder entleert werden.
Sobald das Betriebsmedium beim Befüllen den großen Schwimmkörper der Hauptentlüftung erreicht, wird er angehoben und bleibt unter Druck immer geschlossen. Kleinere Luftvolumina, die während des Normalbetriebs entstehen können, werden über die Betriebsentlüftung abgeführt. Der kleinere Schwimmkörper wird dann vom Betriebsmedium angehoben und verschließt die Düse der Betriebsentlüftung. Er öffnet immer dann, wenn sich im Gehäuse während des Betriebes Luftblasen ansammeln.
Ventilhebelfunktion
Bei Be- und Entlüftungsventilen mit Hebelfunktion werden über Hebel in den Bauteilen Ventile geöffnet bzw. geschlossen; je nach Anwendungsfall kommen unterschiedliche Bauformen zum Einsatz.
Besondere Bauformen
In Ergänzung zu den oben beschriebenen Bauformen haben sich aus betrieblichen Gründen besondere Bauformen weiterentwickelt.
Staudruckbremsen werden eingesetzt, um Be- und Entlüftungsventile vor Druckstößen zu schützen. Im Gehäuse der Armatur ist ein Absperrkörper in der Strömung beweglich gelagert. Bei Überschreiten einer bestimmten Strömungsgeschwindigkeit wird der Absperrkörper vom Medium in den Gehäusesitz geführt. Es bleibt nur ein reduzierter Querschnitt frei. Damit in Revisionsfällen das Beund Entlüftungsventil von der Rohrleitung abgetrennt werden kann, wird häufig vor dem Be- und Entlüftungsventil ein Absperrschieber angeordnet. So kann das Be- und Entlüftungsventil auch während des Betriebes der Hauptleitung demontiert oder gereinigt werden. Ein weich dichtender Schieber ist für diese Funktion am besten geeignet, da er einen freien Durchgang zulässt. Um das Belüften bei kleinen Be- und Entlüftungsventilen zu verhindern und nur das Entlüften sicherzustellen, werden häufig Be- und Entlüftungsventile mit Belüftungssperre eingesetzt. Diese Ventile finden ihre Anwendung hauptsächlich bei Saugleitungen für mechanisch gereinigtes Wasser oder im Trinkwasserbereich.
Wird beim Füllen von Rohrleitungen über Entlüftungsventile die Luft abgegeben, muss die Füllgeschwindigkeit möglichst niedrig gehalten werden. Der gefürchtete Druckstoß (Joukowsky-Stoß), der dann eintritt, wenn der Schwimmkörper des Entlüftungsventils am Ende des Füllvorgangs schlagartig den Ventilsitz verschließt, muss unterhalb der zulässigen Druckbelastung (PMA = höchster zeitweise auftretender Druck, einschließlich Druckstoß, dem ein Rohrleitungsteil im Betrieb standhält [2]) der Rohrleitung bleiben. In der Regel wird der zulässige Druckstoß aus Sicherheitsgründen auf 3 bar begrenzt. Die Füllgeschwindigkeit ist nach DVGWMerkblatt W 334 [1] auf 0,25 m/s begrenzt.
Die Größe und Anzahl der Entlüftungsventile ist in Abhängigkeit von der Nennweite der Leitung, der Füllmenge, der Topografie sowie der maximal zulässigen Luftgeschwindigkeit im engsten Querschnitt des Entlüftungsventils (Hauptentlüftung) festzulegen.
Grundsätzlich werden Be- und Entlüftungsventile in Schächte eingebaut. Die Bauweise ist im DVGW-Arbeitsblatt W 358 [3] beschrieben. Um das Schachtbauwerk einzusparen, werden Be- und Entlüftungsgarnituren eingesetzt. Auf der nächsten Seite ist links das Be- und Entlüftungsventil dargestellt, welches Unterflur über eine Straßenkappe entlüftet. Der Einbau unter Straßenkappen stellt deren Zugänglichkeit sicher. In der rechten Darstellung ist eine Überflurausführung abgebildet.
Es gibt Be- und Entlüftungsventile zum Zu- und Abführen von kleinen Luftmengen. Das Ventil ist in diesem Fall mit einem Innengewinde versehen und kann direkt auf die Rohrleitung montiert werden. Derartige Ventile werden vorwiegend in Gebäudeinstallationen eingesetzt.
Literatur
[1] DVGW-Merkblatt W 334: Be- und Entlüften von Trinkwasserleitungen [DVGW technical information sheet W 334: Aeration and air release for drinking water pipelines] 2007-10
[2] EN 805: Water supply – Requirements for systems and components outside buildings [Wasserversorgung – Anforderungen an Wasserversorgungssysteme und deren Bauteile außerhalb von Gebäuden] 2000
[3] DVGW-Arbeitsblatt W 358: Leitungsschächte und Auslaufbauwerke [DVGW worksheet W 358: Manholes and outlet structures for piping systems] 2005-09
Autoren
Dr. Jürgen Rammelsberg
Christoph Bennerscheidt |
EADIPS®/FGR®
European Association for Ductile Iron Pipe Systems/
Fachgemeinschaft Guss-Rohrsysteme e. V.
Doncaster-Platz 5
D-45699 Herten
Tel.: +49 (0)2366 9943905
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