Kunststoff statt Beton: Neues Material und innovative Konstruktion verhindern typische Schäden an Kanalschächten
24.10.2005
Kommunen stehen vor Investitionen in Milliardenhöhe Wenn Kommunen Abwasserschächte erneuern, verbauen sie zunehmend Schächte aus Kunststoff anstelle von Beton. Warum? Der Grund ist, dass neue Kunststoffschachtsysteme die typischen Schadensbilder vermeiden. "Rund jeder dritte Schacht ist defekt. Von etwa neun Millionen Schächten in Deutschland sind 2,7 bis 4,5 Millionen sanierungsbedürftig", erläutert Heiko Leihbecher von der Rehau AG + Co. Um zukünftig die Lebensdauer des Kanalnetzes zu erhöhen, setzen die Kommunen auf neue Materialien. Schließlich müssen die Kommunen nachhaltig handeln und die Investitionen sollten nach LAWA-Richtlinien einen langen Zeithorizont berücksichtigen. "Auf die Kommunen kommt in den nächsten Jahren ein erheblicher Investitionsbedarf zu", sagt Leihbecher. Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) rechnet mittelfristig mit Sanierungskosten von 50 bis 55 Milliarden Euro. Im Jahr 2003 lag die Höhe der Investitionssumme für Kanalsanierungen bei gerade 1,6 Milliarden Euro. Laut DWA gaben in einer aktuellen Umfrage 42 Prozent der Kommunen an, dass es auf diesem Gebiet zu einem Investitionsstau gekommen ist.
Da die Bauteile komplett aus Polypropylen gefertigt werden, kommt es nicht zu den typischen Materialermüdungen und Problemen. So bescheinigte die LGA Nürnberg dem vollwandigen AWADUKT PP-Hochlast-Kanalrohrsystem eine Lebensdauer von mindestens 100 Jahren. Die AWASCHACHT-Konstruktion wird verstärkt durch außenliegende Rippen. Diese gewährleisten neben der Auftriebssicherung eine Ringsteifigkeit, die deutlich über den von der prEN 13598-2 geforderten 2,0 kN/m² liegt. Dabei wurden Größe und Abstand der Rippen so optimiert, dass das Bauwerk lückenlos verfüllt werden kann und eine hohe Ringsteifigkeit aufweist. Diese Punkte gewährleisten eine optimale Lastabtragung.
Wie tragfähig der AWASCHACHT ist, zeigt die FEM-Berechnung für den Konus der LGA Nürnberg. Die vertikal angeordneten Rippen in Gewölbestruktur erhöhen die Flächenträgheitsmomente so weit, dass das Bauwerk Belastungen von SLW 60 problemlos standhält. Das entspricht 10 Tonnen Radlast. Diese Stärke kommt besonders in der Bauphase vor der endgültigen Bodenverfüllung zum Tragen, da dort hohe vertikale Lasten auf den Schacht einwirken können. An der Baustelle punktet das Schachtsystem nicht nur durch seine Stabilität und Robustheit, die durch den Werkstoff erreicht werden. Durch das geringe Gewicht wird zugleich der Einbau vereinfacht und beschleunigt. Dies wirkt sich äußerst positiv auf die Kostenvergleichsrechnung aus: Gegenüber Schächten aus traditionellen Materialien ergeben sich weitreichende Einsparungen, die aus geringeren Personalkosten und entfallendem Maschineneinsatz resultieren.
Abdeckungen bleiben dauerhaft auf Fahrbahnniveau
Ausgangspunkt für die Neuentwicklung bei REHAU waren die in der DWA-Umfrage überwiegend an Betonschächten festgestellten Schäden. "Schadhafte Rahmen und Abdeckungen führen mit 38 Prozent die Mängelliste an", erläutert Leihbecher. Um dies zu vermeiden, muss das Schachtsystem von den Verkehrsbelastungen entkoppelt werden. Dafür sorgt bei dem AWASCHACHT DN 1000 beispielsweise ein spezieller Auflagerahmen. Er gibt die Verkehrslasten in den Boden ab und nicht in das Bauwerk. Das erhöht die Standzeit des Schachtsystems. Ein weiterer Vorteil, den Verkehrsteilnehmer und Anwohner gleichermaßen zu schätzen wissen, ist, dass die Abdeckung niveaugleich zur Fahrbahnoberfläche abschließt. Dies verhindert, dass die Abdeckungen absinken oder herauswachsen und erspart so Reparaturkosten in dreistelliger Höhe. Die Qualität entspricht den gestiegenen Ansprüchen der Betreiber und Verkehrsteilnehmer. Lärmemissionen nehmen ab und die Verkehrssicherheit wächst.
Sicherheit auch in der Steigtechnik
Ein zusätzlicher Sicherheitsaspekt sind die Steigstufen im Schacht, die bislang in jedem dritten Schacht schadhaft sind. Obwohl Schächte in der Regel nur selten begangen werden und moderne Werkstoffe Wartungsarbeiten in noch größeren Intervallen erlauben, ist die Dauerhaftigkeit von Steigleitern dennoch für Netzbetreiber ein wichtiger Aspekt. Zudem wurden die Anforderungen an Steiggänge in der überarbeiteten BGR 177 nochmals verschärft. Zweiläufige Steigeisen aus Guss werden nicht nur vom Personal ungern gesehen, sondern auch von der Richtlinie. Für dauerhafte Sicherheit haben sich die Entwickler des AWASCHACHTs daher für rutschfeste Steigstufen aus polymeren Werkstoffen entschieden. Diese sind in zwei in der Schachtwand integrierten Stegen eingebaut.
Um das REHAU-Schachtsystem dauerhaft überlegen zu machen, haben sich die Entwickler auch mit den sonst weniger häufig auftretenden Schäden an normalen Schachtsystemen beschäftigt. Sie gehen auf das Konto von Rissbildungen, Undichtigkeiten und schadhaften Anschlüssen. "Polymere Werkstoffe erzielen auch hier materialbedingte Vorteile", erläutert Leihbecher. Für dauerhafte Dichtheit zwischen den Schachtelementen sorgt die lastentkoppelte Dichtung DN 1000, die in einer speziellen Dichtkammer sitzt. Der Dichtring wird dabei aus zwei verschiedenen Shorehärten gefertigt. Der innere Bereich ist härter, was einen festen Sitz in der Dichtkammer gewährleistet. Durch die etwas weichere Dichtlippe können sich die übrigen Bauteile bereits bei vergleichsweise geringen Steckkräften ideal zusammenfügen und optimal abdichten. Bei traditionellen Schächten wird die in der DIN EN 1610 geforderte Dichtheit oft nur erreicht, indem die Bauteile in der Längsachse verspannt werden. Dicht sind herkömmliche Anschlüsse meist dennoch nicht. So fand das IKT in einer Untersuchung an Baustellen heraus, dass 50% aller Schächte undicht sind.
Bei der Dichtung von Rohranschlüssen bedient sich REHAU seiner langjährigen Erfahrung, beispielsweise beim Hochlast-Kanalrohrsystem AWADUKT PP SN 10 RAUSISTO. Die Dichtringe werden bei diesem SL-Dichtsystem (Safety-Lock) in der Sicke fixiert. So wird ein unbeabsichtigtes Herausschieben zuverlässig verhindert. Der Schacht fügt sich homogen in das Kanalsystem ein. Durch den einheitlichen Werkstoff wird überdies vermieden, dass sich Rohre und Schächte unterschiedlich setzen.
Schadhafte Anschlüsse traditioneller Schachtsysteme kommen zwar nur in 8% der Gesamtschadensfälle vor - in ihrer Tragweite sind sie jedoch schwerwiegend. Defekte Anschlüsse ermöglichen ein ungehindertes Infiltrieren von Grundwasser beziehungsweise das Austreten von Abwasser, damit ist das Gesamtsystem dann nicht mehr funktionsfähig. Der in den vergangenen 20 Jahren um rund 15% rückläufige Wasserverbrauch führt zu einem höheren Feststoffanteil im Schmutzwasser. Um auch bei Trockenwetter oder in Schmutzwasserkanälen ein schnelles und sicheres Ableiten von Fest- und Schadstoffen zu gewährleisten, müssen die Netze diesen neuen Bedingungen gewachsen sein. Eine moderne Kanalisation muss niedrige Rohrrauhigkeit aufweisen, es muss eine Hochdruckreinigung verkraften, sowie gegen aggressive und heiße Abwässer beständig sein. Die Vorteile der sich zunehmend durchsetzenden Kunststoffrohre werden mit dem AWASCHACHT auch im Schachtgerinne genutzt. Chemische Angriffe sind ebenfalls kein Phänomen, das sich auf Rohrleitungen beschränkt. Gerade bei sulfidhaltigen und sauerstoffarmen Abwässern entsteht biogene Schwefelsäure. Dieses Problem tritt besonders im Gasraum der Kanalisation auf. Chemisch resistente Werkstoffe wie Polypropylen widerstehen aber selbst extremen pH-Werten von 1-13 dauerhaft.
Wer Schacht-Schäden vermeiden möchte und auf Kunststoffschächte zurückgreift, reduziert dauerhaft Kosten und erhöht die Lebensdauer. Auch wenn nicht jeder Schacht ein finanzielles Risiko für eine Stadt oder Gemeinde bedeutet, so sollten bei der Planung der Entwässerungsanlagen langfristige Kosten berücksichtigt werden, die durch Schäden verursacht werden. Kommunen, die dauerhaft eine dichte Kanalisation wollen, müssen dies bei der Produktwahl bedenken.
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