Kanalsanierung unter extremem Grundwasserstand
26.11.2013
Renovierung
Im Auftrag der hanseWasser Bremen GmbH, realisierte die tubus GmbH aus Leipzig ein extremes Kanalsanierungs-Projekt. Der Einbau von vier Schlauchlinern in ein 820 Meter langes Ei-Profil 800/1200 ist an sich zwar nichts wirklich Ungewöhnliches mehr; äußerst herausfordernd waren im Hauptsammler Hochschulring jedoch die Randbedingungen: Das Bauwerk liegt 8 Meter tief und durchgängig 6 Meter unter dem Grundwasserspiegel.
Der Mischwasser-Hauptsammler unter dem Bremer Hochschulring wurde im Jahre 1972 in Mauerwerksbauweise errichtet, trotz des geringen Alters des Kanals wurden bei TV-Voruntersuchungen Risse und korrodierte, ausgewaschene Mauerwerksfugen festgestellt: Massiver Fremdwassereintritt war die zwangsläufige Folge dieses Befundes, da der Sammler in voller Länge 6 Meter tief unter dem Grundwasserspiegel liegt.
Als 2012 die tubus GmbH, den Zuschlag für die Inliner-Sanierung des Sammlers bekam, hatte diese Grundwassersituation bereits eine maßgebliche Rolle für die Planung und Verfahrensauswahl gespielt. An eine offene Erneuerung des Kanals war nicht zu denken, und selbst ein Abbruch der vorhandenen Schachtbauwerke bei der Installation der Schlauchliner wurde kategorisch ausgeschlossen: Unter dem anstehenden Grundwasserdruck wäre jede Baugrube unmittelbar kollabiert. Eine Absenkung des Grundwasserspiegels während der Bauphase war angesichts der unmittelbaren Nähe des Stadtwaldsees aus ökologischen und ökonomischen Gründen nicht durchführbar.
Vor Beginn der Inliner-Sanierung galt es, in einem ersten Arbeitsgang den Grundwasserzufluss zu stoppen, damit das Schlauchlining überhaupt durchgeführt werden konnte. Die tubus GmbH entschied sich für den Einbau des Pull-Inliners von Norditube. Das warmwasserhärtende System, das auf einem Synthese-Nadelfilz-Liner basiert, war aufgrund seiner spezifischen Einbautechnik und bei den in Bremen gegebenen Rahmenbedingungen das technisch beste Verfahren.
Die Schächte im Hochschulring hatten einen Durchmesser von nur 80 cm; sie abzubrechen, war durch den extremen anstehenden Grundwasserdruck jedoch völlig ausgeschlossen. Einzig der vorhandene Konus wurden vor der Sanierung entfernt und bis in 1,50 Meter Tiefe durch Betonschachtringe DN 1000 ersetzt, um den Liner-Einzug zu erleichtern.
Vor dem Start der Kanalarbeiten musste der Trockenwetterabfluss des Sammlers an der Sanierungsstrecke vorbei geleitet werden. Dazu wurde oberirdisch eine Wasserüberleitung aus Druckrohren DN 600 und DN 800 einschließlich mehrerer Rohrbrücken errichtet. Der Planung lag ein TW-Abfluss von 640 Liter/Sekunde mit einem gewissen Anteil für einen Durchschnittsregen zugrunde. Bei Starkregen war eine Sanierung nicht durchführbar.
Sechs Wochen lang waren die tubus-Fachleute damit beschäftigt, den begehbaren Kanal durch Verpressung eines zwei-komponentigen PUR-Schaumharzes abzudichten. Zu diesem Zweck wurde das Mauerwerk in regelmäßigem Raster mit Bohrungen perforiert, in die man Bohrpacker einsetzte. Über Druckschläuche und diese Bohrpacker wurde letztlich das Injektionsharz in die Bauwerkswand und das den Kanal umgebende Erdreich verpresst, wo es schnell und nachhaltig zu einer wasserdichten Masse aushärtete.
In den so abgedichteten Kanal wurden im Frühjahr 2013 in vier jeweils einwöchigen Bauphasen die jeweils rund 200 Meter langen Pull-Inliner eingebaut. Angesichts der Tatsache, dass die Schächte deutlich geringere Nennweite aufweisen als der Kanal, kam nur das Pull-Inliner-System in Frage. Bei diesem Verfahren werden die -in Bremen 25 Millimeter starken und bis zu 25 Tonnen schweren- Liner als gefaltetes Paket mechanisch in die Haltung eingezogen und erst darin liegend formschlüssig aufgeweitet.
Dies geschieht, indem man einen Kalibrierschlauch mit 3 Millimeter Wanddicke im Inversionsverfahren per Wasserdruck in den liegenden Liner einstülpt und ihn dadurch nach und nach aufstellt. Dieser darf im Schacht jedoch Untermaß haben und dehnt sich erst im Kanal auf die End-Nennweite Ei-Profil 800/1200 aus.
In Bremen kam überdies ein spezieller Kunstgriff zur Anwendung, der bei diesem Verfahren möglich ist: Nachdem der Liner weitestgehend hydraulisch aufgestellt war, verschloss man die Inversionssäule über dem Schacht mit einer Druckschleuse und beaufschlagte das System zusätzlich mit Luftdruck. Dieser Druckanstieg begünstigt das weitgehend faltenfreie Anliegen des Liners im Kanal. Schließlich wurde auch der verbliebene Luftraum endgültig mit Wasser gefüllt, um beim nachfolgenden Heizvorgang einen flächendeckenden Kontakt des Liners mit heißem Wasser sicher zu stellen.
Der Härtungsvorgang, der pro Liner 60 Stunden dauerte, wurde durch eine mobile Heizanlage mit 1.350 kW Heizleistung realisiert. Zur Verbesserung der Zirkulation des Prozesswassers entschied sich die tubus GmbH, der Heizanlage eine leistungsstarke thermoresistente Pumpe vorzuschalten. Wie die späteren labortechnischen Untersuchungen der Liner-Rückstellproben durch das Prüflabor Siebert und Knipschild, (Oststeinbek) belegten, wurden alle Prüfkriterien zu 100% erfüllt: rundum ein voller Erfolg!
Das letzte Gewerk, das die Renovierung des Hauptsammlers Hochschulring abrundete, war die Sanierung der Schächte durch vertikalen Einbau eines GFK-Rohres DN 700. Der Ringraum zur Schachtwand wurde durch einen Flüssigmörtel verdämmt. Den Übergang von diesen Schächten zum Kanalbauwerk bzw. Liner stellte man schließlich in Handlaminattechnik her.
Die Schlauchlining-Sanierung "Hochschulring" war für die tubus GmbH eines der anspruchsvollsten Sanierungsprojekte der letzten Jahre und für alle daran beteiligten Mitarbeiter ein großer Erfolg. Für die hanseWasser Bremen GmbH bedeutet dies die erfolgreiche Bewältigung eines der größten Probleme im gesamten Bremer Kanalisationsnetz.
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