HDD-Felsbohrung in Hanglage mit kleinem Grubenbohrgerät
28.01.2009
Eine anspruchsvolle grabenlose Verlegung einer Abwasserleitung im HDD-Verfahren mit Hilfe des steuerbaren Grubenbohrgeräts TERRA-JET 2608 E erfolgte Mitte 2008 in Bochum-Wattenscheid. Die stark beengten Platzverhältnisse, die steile Hanglage sowie die wechselnden geologischen Verhältnisse im Festgestein stellten besondere Anforderungen an die Planung, als auch an die Durchführung der Baumaßnahme dar.
Im Zuge der Erschließung einer neu erbauten Einfamilienhaussiedlung in Bochum-Wattenscheid war eine neue Abwasserleitung DN 300 zu erstellen, die das gesammelte Schmutzwasser aus den Hausanschlüssen zu einem bestehenden Mischwasserkanal DN 900 innerhalb eines anliegenden Waldgebietes ableitet. Die geplante Leitungstrasse war durch eine steile Geländeneigung, im Mittel etwa 20 %, sowie durch starken Baumbewuchs charakterisiert. Gemäß der Satzung zum Schutz des Baumbestandes, wonach die geschützten Bäume vor schädlichen Einwirkungen jeglicher Art zu bewahren sind, war eine Verlegung in offener Bauweise seitens der Stadt Bochum untersagt. Eine Leitungsverlegung in diesem Bereich war daher nur in grabenloser Bauweise unter Einhaltung einer ausreichenden Überdeckungshöhe realisierbar.
Der Bauherr, die E+K Planungs- und Baubetreuungsgesellschaft mbH, Bochum, beauftragte die Ingenieurgesellschaft S & P Consult GmbH, Bochum (kurz: S & P), mit der Planung des 48 m langen Bauabschnittes. Nach Analyse der örtlichen Randbedingungen wurde das verlaufsgesteuerte Horizontalspülbohrverfahren (HDD) als das für den vorliegenden Fall am besten geeignete Bauverfahren ausgewählt.
Die seitens S & P erstellte Baugrundbeurteilung für die geplante Bohrtrasse ließ wechselnde geologische Verhältnisse von tonigem Schluff, über stark verwitterten Tonstein (FZ 1 bis FZ 3 nach DIN 18319) bis hin zu unverwittertem Sandstein (FD 2 bis FD 4 nach DIN 18319) erwarten, wobei der Großteil der Bohrung im Tonstein erfolgen sollte. Felsbohrungen im HDD-Verfahren werden im Allgemeinen mit einer Großbohranlage, ab der 20-t-Klasse aufwärts, ausgeführt, die mit einem so genannten Mudmotor und entsprechendem Bohrmeißelaufsatz ausgestattet sind. Diese Anlagen sind in der Regel auf Kettenfahrwerken aufgebaut und benötigen während des Betriebs aufgrund ihrer Größe einen Platzbedarf von mindestens 10 m Länge und etwa 3 m Breite. Bedingt durch die enge bauliche Anordnung der bestehenden Gebäude bzw. den dichten Baumbewuchs war die Aufstellung einer solchen Großbohranlage weder im oberen noch im unteren Hangbereich möglich.
Als Alternative wurde daher die Möglichkeit des Einsatzes einer Kleinbohranlage geprüft. Diese sollte im unteren Hangbereich positioniert werden und von dort aus hangaufwärts in Richtung Wohnhaussiedlung bohren. Vorraussetzung für die Umsetzung dieser Variante war es, eine Bohranlage zu finden, die zum einen klein genug ist, um sie auf einer Freifläche von 5 m x 5 m in dem Waldstück aufstellen zu können und zum anderen die technische Leistungsfähigkeit besitzt, um die o.g. geologischen Verhältnisse zu bewältigen. Die Anlieferung der Bohranlage mit dem dazugehörigen Equipment konnte über einen durch das Waldgebiet verlaufenden Fußweg erfolgen.
Maschinentechnik
Für die Durchführung der Bohrmaßnahme wurde der TERRA-Jet 2608 E des Her-stellers TERRA AG, Brittnau, Schweiz, ausgewählt. Zu dieser Entscheidung führten neben den geringen Abmessungen der Bohranlage vor allem wirtschaftliche Überlegungen. Der TERRA-JET ist eine der kleinsten steuerbaren Bohranlagen. Mit dieser Bohranlage können Rohre und Leitungen je nach Bodenverhältnis grabenlos bis zu 150 m Länge und einem Durchmesser von 420 mm gesteuert verlegt werden. Der Start der Bohrung kann von der Oberfläche oder, wie im vorliegenden Fall, aus einer Grube (3,5 m x 1,5 m) heraus erfolgen.
Maßgeschneiderte Bohrwerkzeuge in Verbindung mit präzisen elektronischen Ortungssystemen garantieren dabei eine hohe Zielgenauigkeit auch bei großen Bohrlängen. Mit druckluftbetriebenen Felsbohrköpfen stellt der Einsatz einer TERRA Bohranlage auch im härteren Untergrund kein Problem dar. Hydraulische Abstützstreben und hochleistungsfähige Antriebe ermöglichen zudem den Einsatz bei unterschiedlichem Neigungswinkel. Zwei getrennte Kreisläufe sorgen für den Vorschub und das Drehen des Bohrgestänges. Dabei passt sich die Arbeitsgeschwindigkeit durch die serienmäßig ausgestattete Bohr- und Einzugsautomatik ADBS (patentiert) fortlaufend den Bodenverhältnissen an. Der TERRA-JET 2608 E erreicht während der Bohrung ein maximales Drehmoment von 2600 Nm und bringt dabei Bohr- bzw. Einzugskräfte von bis zu 80 kN (8 to) auf.
Vorbereitende Maßnahmen
Die Einrichtung der Baustelle nahm lediglich einen halben Arbeitstag in Anspruch. Das komplette Bohrsystem wurde auf einem LKW über den etwa 3 m breiten Fußweg antransportiert. Dank der kompakten Bauweise benötigte die Versorgungseinheit der TERRA Bohranlage (Mischanlage mit Pumpe, Mischtank usw.) einen geringen Platzbedarf und konnte so in unmittelbarer Nähe der bereits im Vorfeld erstellten Startbaugrube positioniert werden. Die Sohle der Startbaugrube wurde mit einem Neigungswinkel von 5 % angelegt, um den zur zielgenauen Überwindung des großen Höhenunterschieds der Hangbohrung notwendigen Anstellwinkel der Bohrlafette einstellen zu können. Der TERRA-Jet 2608 E wurde mit Hilfe eines Baggers in die Grube herabgelassen, ausgerichtet und verankert.
Bohrablauf
Nach der Positionierung und Einrichtung der Bohranlage konnte mit der Bohrung begonnen werden. Für die Pilotbohrung in dem felsigen, teilweise tonigen Boden, wurde der TERRA-ROCK Druckluft-Schlagkopf Ø 95 mm ausgewählt. Der stetige Wechsel zwischen harten und weichen Gesteinsformationen stellte eine besondere Herausforderung an das Bohrzubehör dar. Neben dem Vortrieb durch statischen Druck und gleichzeitigem Rotieren wurde der Felsbohrkopf zusätzlich durch ein eingebautes Schlagwerk dynamisch angetrieben. Das durch den Abbau entstandene Bohrmehl wurde kontinuierlich mit einem so genannten „Ausbläser“ entfernt.
Die kontinuierliche Erfassung von Lage, Neigung und Stellung des Bohrkopfes zur zielgenauen Steuerung der Pilotbohrung erfolgte von der Oberfläche aus im so genannten Walk Over Verfahren. Nach einer Bohrzeit von lediglich 6 Stunden trat der Bohrkopf an der gewünschten Stelle zentimetergenau an das Tageslicht.
Für die Aufweitung des Bohrloches wurden unter Berücksichtigung der aus der Pilotbohrung gewonnenen Erkenntnisse drei Aufweitungsvorgänge in den Nennweiten 215 mm, 315 mm und 420 mm vorgesehen. Für den Abtransport der gelösten Bodenpartikel, zur Stabilisierung des Bohrkanals im nicht standfesten Abschnitt der Bohrung sowie zur Kühlung und Schmierung von Bohrgestänge und –werkzeug wurde eine Bentonitsuspension eingesetzt. Das kontinuierlich abfließende Gemisch aus Bentonitsuspension und Bodenpartikeln wurde in der Startbaugrube aufgefangen und abgepumpt.
Die Aufweitungen verliefen bis auf das Antreffen eines etwa 3 m langen unbekannten Hindernisses in der Bohrtrasse ohne Probleme. Jeweils an gleicher Stelle der Bohrung war ein deutlicher Widerstand feststellbar. Die aufgebrachte Zugkraft lag an dieser Stelle mit etwa 7,5 t im technischen Grenzbereich der Bohranlage. Im weiteren Verlauf der Bohrung lag die benötigte Zugkraft bis zur Ankunft in der Baugrube im unkritischen Bereich.
Rohreinzug
Nach nur 2,5 Arbeitstagen stand der Bohrkanal und war für den Rohreinzug bereit. Dieser sollte im Zuge des letzten Aufweitungsvorganges Ø 420 mm erfolgen. Der aus 6 m langen PE-HD-Rohren (DA = 355 mm) monolithisch im Heizelementstumpfschweißverfahren zusammengeschweißte Rohrstrang lag bereits vorbereitet im oberen Hangbereich aus. Am Ende des ersten Rohres war ein so genannter Zugkopf angebracht, über den die zugfeste Verbindung zwischen Rohrstrang und Aufweitkopf (Backreamer) sichergestellt wurde. Die Anbindung des Zugkopfes an den Backreamer erfolgte mit Hilfe eines Löffelbaggers, der zudem während des gesamten Einziehvorganges für eine genaue Positionierung des Rohrstranges sorgte. Der Rohreinzug dauerte etwa 3 Stunden.
Nach Fertigstellung der Bohrmaßnahme und Abtransport des Bohrequipments wurde die Startbaugrube für einen Anschlussschacht zur fachgerechten und genauen Einbindung der Leitung an den bestehenden Mischwasserkanal DN 900 genutzt. Die zielgenaue Ankunft der Bohrung im oberen Hangbereich ermöglichte den höhengerechten Sohlanschluss der verlegten PE-HD Leitung an einen neu zu erstellenden Revisionsschacht ohne weitere nennenswerte Erdarbeiten.
Am Ende der Baumaßnahme waren alle Beteiligten hochzufrieden über die erfolgreiche Zusammenarbeit und die wirtschaftliche Ausführung in kürzester Bauzeit.
Zu den Autoren:
1 S & P Consult GmbH, Bochum
2 TERRA Deutschland GmbH, Heddesheim
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