Entwicklung einer systematischen Vorgehensweise zur Fremdwasservermeidung und -reduzierung

23.06.2006

Ein Großteil von Entwässerungsnetzen weist einen hohen Fremdwasseranfall auf. Bisherige Bemühungen zur Reduzierung des Fremdwasserabflusses waren nur teilweise erfolgreich. Oft wurde in der Folge auch von einem Grundwasseranstieg berichtet. Das hier vorgestellte und vom MUNLV NRW geförderte Pilotprojekt zur Fremdwasservermeidung und -reduzierung betrachtet die Thematik ganzheitlich. Es wurde eine übertragbare Vorgehensweise zur Erstellung eines Entwässerungsmaßnahmenplanes und Entwässerungskonzeptes für Mittelgebirgsregionen erarbeitet. Zurzeit werden Maßnahmen zur Fremdwasserreduzierung exemplarisch in der Stadt Monschau umgesetzt und eine Bewertung der Leistungsfähigkeit vorgenommen.

1 Fremdwasser - warum besteht Handlungsbedarf?

In den vergangenen Jahren wurden die mit dem Fremdwasser zusammenhängenden ökologischen und ökonomischen Aspekte zunehmend fokussiert und waren Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen. Stellvertretend genannt seien hier [1], [2] und [6]. Im Rahmen von politischen und fachlichen Diskussionen wurde dabei auch die Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit von Fremdwasser intensiviert.

Im Rahmen der Berichterstattung der Länder zu den Zielvorgaben der EU wurde deutlich, dass in Nordrhein-Westfalen ein Wirkungsgrad von 75 % bei der Frachtelimination von Stickstoff in empfindlichen Gebieten mit 80 % im Landesmittel [11] eingehalten werden konnte.

Eine Reihe von Kläranlagen, die auf weitgehende Stickstoffentfernung ausgebaut wurden, liegt einzeln betrachtet deutlich unter diesem Wirkungsgrad. Neben dem Ausbau von kommunalen Kläranlagen stellt also Fremdwasser hier den hauptsächlichen Schwerpunkt dar [12].

Mit Ausnahme der Ausführungsverordnungen der Länder zum Abwasserabgabengesetz existiert aber keine direkte Verankerung des Begriffes "Fremdwasser" im deutschen Wasserrecht. Festlegungen von Grenzen einer zulässigen Verdünnung sind in den meisten Bundesländern nicht konkretisiert.

Dies bedeutet aber nicht, dass in wasserrechtlicher Hinsicht keine rechtlichen Restriktionen vorhanden sind, um die aus Fremdwasser resultierenden zusätzlichen Belastungen einzudämmen. Eine rechtliche Vorgabe wird - vereinfacht dargestellt - zumindest an zwei Stellen sichtbar.

Der Gesetzgeber hat bei den Mindestanforderungen für Kläranlagen auf die Schadstofffracht abgestellt, obwohl in den Erlaubnisbescheiden für kommunale Kläranlagen nur Konzentrationswerte festgesetzt werden. Beispiele hierfür finden sich in § 7a Abs. 1 WHG und § 3 Abs. 3 AbwV. Sollte also nach Sanierung von Kläranlagen beim Gesamtstickstoff keine 75 %-ige Reinigungsleistung erreicht werden, so ist zu überprüfen, ob eine erhöhte, nicht den Regeln der Technik entsprechende Fracht eingeleitet wird.

Bemessungsansätze nach den Regeln der Technik werden z. B. im Regelwerk der DWA auf der Grundlage des § 18b WHG mit pauschalen Ansätzen konkretisiert. Wird bei einer Anlagengenehmigung oder Kanalnetzanzeige der Fremdwasseransatz mit pauschalen Ansätzen, aber nicht "wirklichkeitsgetreu" nach seiner tatsächlichen Höhe berücksichtigt, so sind die Konsequenzen für die Gewässereinleitungen, wie etwa Dauer und Häufigkeit von Mischwasserentlastungen, zu überprüfen.
Sofern ein Handlungsbedarf besteht, kommt für die Wasserbehörde z. B. die Festsetzung einer zulässigen Schadstofffracht bei Kläranlagen bzw. die Aussprache einer Ordnungsverfügung zur Sanierung des öffentlichen Kanalnetzes in Betracht.

Auch können Forderungen nach Aufstellung ganzheitlicher Fremdwasserentwässerungskonzepte ausgesprochen werden. In gravierenden Fällen besteht die Möglichkeit, bauplanungsrechtliche Einschränkungen der Abwasseranlagen zu verhängen. In vielen Fällen kann jedoch der Handlungsbedarf nur unzureichend abgeschätzt werden, da Messungen fehlen oder nicht systematisch ausgewertet sind.

Die wasser- und ordnungsrechtliche Seite allein kann zur Lösung des Problems nicht entscheidend beitragen. Dringend erforderlich ist die Erarbeitung von Grundlagen und Handlungsempfehlungen für die (öffentlichen und privaten) Betroffenen. Dafür wurden bereits und werden derzeit noch eine Reihe von Pilotprojekten in NRW erarbeitet.

Über ein laufendes Pilotprojekt in der Stadt Monschau wird nachfolgend berichtet. Die Fremdwassersituation in der Stadt Monschau mit ihren unterschiedlich strukturierten Ortsteilen ist charakteristisch für Gemeinden in Mittelgebirgsregionen, wie bspw. Eifel, Sauerland, Bergisches Land oder Schwarzwald.
2 Vorgehensweise im Pilotprojekt in Monschau

Ziel des Pilotprojektes ist die Entwicklung und Umsetzung und Bewertung einer auf Mittelgebirgsregionen übertragbaren Vorgehensweise zur Fremdwasservermeidung und -re­du­zier­ung. Hierzu wurde in einem ersten Teilprojekt eine Vorgehensweise (siehe Bild 1) zur Erstellung eines Entwässerungsmaßnahmenplanes und Entwässerungskonzeptes entwickelt.

Dabei werden Bereiche erfasst, die weit über die Fläche des Generalentwässerungsplanes hinausgehen und Anteil an der Fremdwasserentstehung haben [5]. Dieser ganzheitliche Ansatz wurde gewählt, da sich gezeigt hat, dass punktuelle Betrachtungen oftmals nur eine kurzfristige oder eingeschränkte Wirkung bzgl. der Fremdwasserelimination haben. So kann die Sanierung eines fremdwasserbelasteten Kanalnetzes zu einem Grundwasseranstieg führen ([3], [6] und [8]). Die Wechselwirkungen und Folgen der entwickelten Maßnahmen wurden aufgezeigt und abgeschätzt. Durch die Mitarbeit von Juristen war eine direkte Klärung rechtlicher Fragen möglich.
Ausgewählte Maßnahmen zur Fremdwasserreduzierung werden zurzeit auf der Basis des entwickelten Entwässerungskonzeptes in einem zweiten Teilprojekt baulich umgesetzt und die im ersten Teilprojekt in den Jahren 2001 bis 2004 entwickelte Vorgehensweise fortgeschrieben. Nach einer Erfolgskontrolle der durchgeführten Maßnahmen ist die Erstellung eines Leitfadens für Kommunen in Mittelgebirgsregionen geplant.

Das durch das MUNLV NRW geförderte und aktiv durch die Bezirksregierung Köln sowie die zuständigen Genehmigungsbehörden begleitete Gesamtvorhaben wird durch das Institut für Siedlungswasserwirtschaft der RWTH Aachen (ISA) zusammen mit der Stadt Monschau und der Tuttahs & Meyer Ingenieurgesellschaft Aachen durchgeführt. Im ersten Teilprojekt waren die Rechtsanwälte Köhler & Klett, Köln und das Ingenieurbüro für Geologie Gell & Partner aus Aachen in beratender Funktion eingebunden.

Im Juni 2003 wurde ein erster Workshop in Aachen zum Thema "Fremdwasser - zukünftiger Handlungsbedarf in Nordrhein-Westfalen" durchgeführt. Ein zweiter Workshop "Fremdwasserreduzierung in Mittelgebirgsregionen" fand im Mai 2005 statt.
3 Ergebnisse des ersten Teilprojektes

3.1 Bestandsaufnahme

Um die Fremdwasserthematik ganzheitlich zu erfassen, wird in einem ersten Schritt eine umfassende Bestandsaufnahme durchgeführt. Der so erfasste Status quo beschreibt die Merkmale des Einzugsgebietes und der Abwasserentsorgungsanlagen. Um geeignete Möglichkeiten zur schadlosen Ableitung des Grund- und Niederschlagswassers zu finden, sind auch Gewässer und Wegeseitengräben aufzunehmen.

Die Bestandsaufnahme sollte sich nicht nur auf den kanalisierten Bereich beschränken, sondern auch nicht-kanalisierte Außengebiete erfassen, die Einfluss auf den Grund- und Niederschlagswasserabfluss besitzen. Abgerundet wird die Bestandsaufnahme durch die Ergebnisse eines juristischen Gutachtens [10] und einer Beurteilung der geologischen bzw. hydrogeologischen Eigenschaften der Region [9].
3.2 Lokalisierung und Quantifizierung des Fremdwassers
In einem zweiten Arbeitsgang schließen sich umfangreiche Untersuchungen zur Lokalisierung und Quantifizierung des Fremdwassers im kanalisierten Gebiet an. Die Ergebnisse werden zusammen mit den Daten der Bestandsaufnahme in einem Bestandsplan zusammengefasst.

Zur groben Einschätzung eines Fremdwasserproblems sind zunächst Zuflussdaten von Kläranlagen des Einzugsgebietes auszuwerten. Detaillierte Aussagen über die Herkunft des Fremdwassers sind hierdurch nicht möglich. Auch ist davon auszugehen, dass der Fremdwasseranteil in einzelnen Kanälen deutlich höher ist, als der vergleichmäßigte Zufluss zur Kläranlage. Zur Auswertung bieten sich je nach Dichte der Messdaten mehrere analytische Verfahren an [1]. Zur Erfassung von langperiodischen Veränderungen des Niederschlags und Grundwassers ist die Betrachtung mehrerer Jahre erforderlich.
Mit der Einrichtung von Durchflussmessstellen an ausgewählten Knotenpunkten im Kanalnetz kann eine genauere Quantifizierung des Fremdwasseraufkommens vorgenommen werden. Gute Ergebnisse konnten bislang mit berührungslos messenden Durchflussmessgeräten auf Radarbasis erzielt werden. Eine Überlagerung der Messwerte mit Niederschlags- und Grundwasserdaten liefert je nach Entwässerungssystem entsprechende Korrelationen. Aus der Charakteristik der Abflussganglinien können Hinweise zu den Fremdwasserquellen abgeleitet werden.

Eine genauere Lokalisierung der niederschlagsbedingten Fremdwasserquellen kann im Trennsystem durch die Inaugenscheinnahme der Schmutzwasserabflüsse an ausgewählten Stellen im Kanalnetz vorgenommen werden. Bei erheblichen Abweichungen von Trocken- und Regenwetterabfluss wird das Kanalteilnetz oberhalb der Messstelle weiter untersucht. Bei der Inaugenscheinnahme des Kanalnetzes kann gleichzeitig die Oberflächengestaltung der Straße um die Kanaldeckel bewerten werden.
TV-Inspektionen sind hilfreich, um Undichtigkeiten zu erkennen und Hinweise auf Dränagen und sonstige Fehlanschlüsse zu erhalten. Ausschlaggebend für den Erfolg einer solchen Untersuchung ist die Wahl eines geeigneten Zeitpunktes ([1], [6] und [5]). Regenwasserfehlanschlüsse können durch Vernebelung geortet werden. Zusätzliche Informationen zur Entwässerungsstruktur der Grundstücke und sonstigen entwässerungstechnischen Besonderheiten liefern Hausbefragungen. Hierbei ist einer Befragung ausreichend, um zu erkennen, ob flächendeckende entwässerungstechnische Probleme auftreten oder sich Schwerpunkte bilden.
3.3 Entwässerungsmaßnahmenplan

Der Entwässerungsmaßnahmenplan (EMP) dient der systematischen Untersuchung der wasserwirtschaftlichen Gesamtsituation eines Betrachtungsgebietes, das durch Fremdwasser maßgebend beeinflusst wird. Hierdurch wird ein Einzugsgebiet in der Fläche deutlich weiträumiger betrachtet als das durch den Generalentwässerungsplan festgelegte Gebiet.

Am Beispiel des Ortsteiles Mützenich der Stadt Monschau betrachtet der EMP die dreifache Fläche des kanalisierten Einzugsgebietes. Der EMP enthält allgemeine für das Einzugsgebiet des Fremdwassers gültige Maßnahmen zur Fremdwasservermeidung und -reduzierung sowie eine geographische Zuordnung, in welchen Bereichen diese Maßnahmen sinnvoll angewendet werden können. Für das oberirdische Niederschlagswasser- und das unterirdische Grundwasserabflussgeschehen können separat Grenzen und somit Einzugsgebiete festgelegt werden. Die Erstellung des Entwässerungsmaßnahmenplanes wurde bereits ausführlich in [13] beschrieben.

Maßnahmen der Fremdwasservermeidung sind überwiegend bau- bzw. entwässerungstechnischer Natur und werden in Erschließungsgebieten angewendet. Hierzu zählen bspw. die Reduzierung von Rohrverbindungen oder der Verzicht auf Dränagen durch den Bau weißer Wannen in grundwasserbeeinflussten Gebieten. In bereits kanalisierten Gebieten werden Maßnahmen zur Fremdwasserreduzierung angewendet. Sie vermindern die Entstehung des Fremdwasserabflusses am Entstehungsort.

Zu den Maßnahmen zählen beispielsweise die Kanalsanierung im öffentlichen und privaten Bereich sowie die Beseitigung von Fehlanschlüssen. Zusätzlich müssen geeignete Möglichkeiten zur schadlosen Ableitung des Grund- und Niederschlagswassers geschaffen werden. Hierdurch wird ein Anstieg des Grundwasserspiegels verhindert und in der Konsequenz Vernässungsschäden abgewendet. Beispiele für diese Maßnahmen sind die Anlage eines durchgängigen Wegeseitengrabennetzes, separater Dränagekanäle mit Einleitung in Gewässer oder die Anlage von Hangdränagen.

Sofern sich Fremdwasser nicht ganz reduzieren lässt, können die noch vorhandenen schädlichen Auswirkungen von Fremdwasser durch begleitende Maßnahmen abgemindert werden. Der ursächliche Mangel von zu viel Fremdwasser im Abwasserkanal wird hierbei nicht behoben (siehe auch [6]).
3.4 Entwässerungskonzept

Im Entwässerungskonzept (EK) werden auf Basis des EMP technisch sinnvolle Maßnahmen zur Reduzierung und zukünftigen Vermeidung von Fremdwasser festgelegt. Auf die genehmigungsrechtliche und politische Durchsetzbarkeit der ausgewählten Maßnahmen ist besonderer Wert zu legen. Nach einer Ausarbeitung mit Entwurfsgenauigkeit werden die Baumaßnahmen in einen zeitlichen und finanziellen Rahmen gesetzt.

Durch die Staffelung der Umsetzung nach Prioritäten gelingt es, weiträumig zu planen und den Erfolg der Maßnahmen sukzessive zu kontrollieren. Nach Fertigstellung können die nach Entwässerungskonzept ausgeführten Maßnahmen in ihrer Lei­stungs­fähigkeit bewertet konventionellen Lösungen gegenübergestellt werden. Auf diese Weise können interaktiv Entscheidungen getroffen werden, bis zu welchem für Bürger, Kommune und Wasserbehörden tolerablen Maß das Fremdwasseraufkommen reduziert werden soll.

Am Beispiel des Ortsteiles Mützenich der Stadt Monschau wurde erkannt, dass ein weiträumiges Fremdwasserproblem besteht und dieses nicht mit punktuellen Maßnahmen angegangen werden kann. Der Priorität nach gestaffelt wurden für Mützenich daher die folgenden Maßnahmen zur Fremdwasserreduzierung vorgeschlagen, auf die nachfolgend näher eingegangen wird:

  • Inspektion, Dichtheitsprüfung und ggf. Sanierung der privaten Entwässerungsleitungen sowie Auffinden und Abkoppeln von Dränagen.
  • Anlage einer Hangdränage bis zur Tiefe des wasserundurchlässigen Festgesteins.
  • Einbringen von Dichtungsschleiern in die Kanalleitungszone.
  • Anlage eines durchgängigen Wegeseitengrabennetzes mit Einleitung in Gewässer.
4 Umsetzung von Maßnahmen zur Fremdwasserreduzierung

4.1 Auswahl und Eignung der Untersuchungsgebiete

Ziel des im Frühjahr 2004 begonnenen zweiten Teilprojektes ist die exemplarische Umsetzung der im Entwässerungskonzept des ersten Teilprojektes vorgeschlagenen Maßnahmen. Hierfür wurden im Ortsteil Mützenich zwei benachbarte entwässerungstechnisch ähnliche Gebiete ausgewählt (siehe Bild 2). Im "Maßnahmengebiet" werden die Maßnahmen baulich umgesetzt, das "Referenzgebiet" dient zur Kontrolle der Leistungsfähigkeit der Fremdwasserreduzierung. Die Grundstücke entwässern über einen Schmutzwasserkanal und Wegeseitengräben. Die Reaktivierung der Wegeseitengräben, die Inspektion und ggf. Sanierung privater Leitungen sowie das Abkoppeln von Dränagen erfolgt im gesamten Maßnahmengebiet. Die Lage der Dichtschleier ist eingezeichnet.

Zur Kontrolle der Leistungsfähigkeit der Maßnahmen hinsichtlich der Fremdwasserreduzierung wurden in den Schmutzwasserkanälen beider Gebiete Durchflussmessgeräte installiert. Ein installierter Regenmesser und zwei Grundwassermessstellen in der Leitungszone des Schmutzwasserkanals liefern Korrelationen des Fremdwasserabflusses zum Niederschlag bzw. Grundwasser. Die bisherigen Messergebnisse zeigen, dass Maßnahmen- und Referenzgebiet in ähnlicher Charakteristik durch Grundwasser und Niederschlag beeinflusstes Fremdwasser von bis zu 1.100 % Fremdwasserzuschlag aufweisen.
4.2 Anlage einer Hangdränage und durchgängigen Wegeseitengrabensystems

Dem Ortsteil Mützenich fließen aus den oberhalb gelegenen Hängen nahe des Hohen Venn bei Niederschlag durch den in geringer Tiefe anstehenden wasserundurchlässigen Tonstein erhebliche Sickerwassermengen zu. Die Schaffung eines Grabens mit einer darunter gelegenen Dränageschicht bis zur Tiefe des Tonsteins führt zur Abfangung dieses Sickerwassers oberhalb der Ortschaft.

Hierdurch wird auch das Fremdwasser im Schattenbereich der Hangdränage reduziert und zusätzlich ein Grundwasseranstieg bei Abkoppelung von Dränagen sowie Sanierung privater Abwasserleitungen vermieden. Straßenseitig wird die Hangdränage durch eine Dichtwand vom Straßenkörper abgetrennt. Der obere Teil der Hangdränage wird als Wegeseitengraben ausgeführt. Parallel zu dieser Maßnahme werden Hausdränagen beseitigt und das Dränage­wasser in die Hangdränage eingeleitet (siehe Bild 3).

Im Rahmen des Pilotprojektes soll auch das Wegeseitengrabennetz wieder geöffnet und als Vorfluter für das Grundwasser aus der Hangdränage und den Dichtschleiern genutzt werden. Im Rahmen einer Ortsbegehung wurde festgestellt, dass es sich bei dem bestehenden Wegeseitengraben, unter dem die Hangdränage geplant war, um ein Gewässer handelt. Hierdurch wird eine Genehmigung im Rahmen eines Planfeststellungs- bzw. Plangenehmigungsverfahrens nach § 31 WHG bzw. § 99 LWG NRW erforderlich. Für die Grundwasserentnahme und Einleitung in ein Gewässer ist ein eigenständiger Antrag nach §§ 2, 3 und 7 WHG zu stellen.
4.3 Inspektion und Dichtheitsprüfung der privaten Entwässerungsleitungen

Die Inspektion und Dichtheitsprüfung der privaten Entwässerungsleitungen nach § 45 BauO NRW wird für das Maßnahmengebiet auf freiwilliger Basis ohne Satzungsänderung durchgeführt. Dies erscheint im Rahmen des Projektes sinnvoll, da hierdurch auch Hausdränagen identifiziert werden und durch eine ggf. erforderliche Sanierung der Fremdwasserzufluss verringert wird.

Die Eigentümer der 30 Grundstücke unterschiedlichen Baujahres wurden im Vorfeld informiert und zu einer Bürgerversammlung eingeladen. Auf dieser wurden Einverständniserklärungen ausgeteilt. Mit Stand von Januar 2004 beteiligen sich 73 % der Betroffenen am Forschungsprojekt. Bei der Inspektion mit dem Kieler Stäbchen wurden zahlreiche Undichtigkeiten und angeschlossen Hausdränagen lokalisiert.

4.4 Schutz der unterhalb gelegenen Bebauung durch Dichtungsschleier
Zur Vermeidung eines Grundwasserflusses in der Leitungszone des Abwasserkanals werden zwei Dichtungsschleier gesetzt. Vor diesen Abdichtungen führen Dränagen das angestaute Grundwasser in den parallel zur Straße verlaufenden Wegeseitengraben ab.

Durch diese Maßnahme wird der Fremdwasseranfall nur indirekt reduziert, indem eine Weiterleitung von Grundwasser in Zonen eines undichten Kanal- bzw. Leitungsnetzes verhindert wird. Die Abdichtung soll durch quellfähiges Bentonit erreicht werden, welches in Form von Gewebematten an der der vertikalen Baugrubenwand angebracht werden kann.
Literatur

[1] ATV-DVWK ES-1.3: Fremdwassersituation in Deutschland, 1. Arbeitsbericht der Arbeitsgruppe ES-1.3 "Fremdwasser", KA-Abwasser, Abfall (50), Nr. 1, 2003

[2] ATV-DVWK ES-1.3: Auswirkungen von Fremdwasser und Hinweise zum erkennen kritischer Fremdwasserverhältnisse, 2. Arbeitsbericht der Arbeitsgruppe ES-1.3 "Fremdwasser", KA-Abwasser, Abfall (51), Nr. 6, 2004

[3] BECKER, H.-P.: Problematik grundwasserbedingter Gebäudeschäden am Beispiel des Bereiches Gelderblomstraße in Duisburg-Meiderich, Workshop "Grundwasserbewirtschaftung im Emschergebiet" am 7. Juli 2004 in Bochum, Emschergenossenschaft, Essen, 2004

[4] Dohmann, M., Hennerkes, J.: Untersuchung des Einflusses undichter Abwasserkanäle auf die Standsicherheit des umgebenden Bodenkörpers, Forschungsvorhaben im Auftrag des MUNLV NRW, Abschlussbericht, Institut für Siedlungswasserwirtschaft der RWTH Aachen, 2004

[5] DOHMANN, M., HENNERKES, J., SISTEMICH, S.: Entwicklung einer systematischen Vorgehensweise zur Fremdwasservermeidung und Reduzierung im ländlichen Raum, Teilprojekt 1, Schlussbericht zum Forschungsvorhaben im Auftrag des MUNLV NRW, Institut für Siedlungswasserwirtschaft der RWTH Aachen, unveröffentlicht, 2004

[6] DWA ES-1.3: Konzepte und Maßnahmen zur Lösung von Fremdwasserproblemen, 3. Arbeitsbericht der Arbeitsgruppe ES-1.3 „Fremdwasser“, 2005

[7] HENNERKES, J., SCHMIDT, A., SCHRÖDER, M., SISTEMICH, S.: Fremdwasservermeidung und -reduzierung in Monschau, Essener Tagung 2005 in Aachen, 2005

[8] IHDE, B.: Grundwasserprobleme nach Kanalsanierungen, Workshop "Grundwasserbewirtschaftung im Emschergebiet" am 7. Juli 2004 in Bochum, Emschergenossenschaft, Essen, 2004

[9] Knops, J., August, S.: Geologisches Gutachten zum Schlussbericht, Gell & Partner Ingenieurbüro, Aachen, 2003

[10] Köhler, H., Meyer, C.: Rechtliche Aspekte der Fremdwasservermeidung und -reduzierung, Rechtsgutachten zum Schlussbericht, Köhler & Klett Rechtsanwälte, Köln, 2003

[11] MUNLV NRW: „Entwicklung und Stand der Abwasserbeseitigung in Nordrhein-Westfalen, 11. Auflage, Düsseldorf, 2005

[12] SCHMIDT, A.: Maßnamen zur Fremdwasserbeseitigung im Regierungsbezirk Köln, 22. Bochumer Workshop "Niederschlagswasserbehandlung - Anforderungen an Planung, Bau und Betrieb", Schriftenreihe Siedlungswasserwirtschaft Bochum, Band 47, 2004

[13] Schröder, M., Hennerkes, J.: Maßnahmenplan der Stadt Monschau zur Verringerung des Fremdwasseraufkommens, 36. Essener Tagung 26.-28.3.2003, GWA-Band 190, Aachen, 2003
Die Autoren:

Dipl.-Ing. Jörg Hennerkes
(Institut für Siedlungswasserwirtschaft der RWTH Aachen)
Mies-van-der-Rohe-Straße 1
52074 Aachen

RBD Dipl.-Ing. Arnold Schmidt (Bezirksregierung Köln, Dezernat 54)
Zeughausstraße 2-10
50667 Köln

Dr.-Ing. Markus Schröder (Tuttahs & Meyer Ingenieurgesellschaft Aachen)
Bismarckstraße 2-8
52066 Aachen

Dipl.-Ing. Stefan Sistemich (Tuttahs & Meyer Ingenieurgesellschaft Aachen)
Bismarckstraße 2-8
52066 Aachen


Hinweis:
Die vorgenannte Veröffentlichung stellt die bisherigen Ergebnisse eines Forschungsvorhabens dar, welches vom MUNLV NRW gefördert wird. Alle Verwertungsrechte der Ergebnisse des Forschungsvorhabens liegen bei dem Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes NRW.


Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der KA Abwasser Abfall (Erstveröffentlichung des Artikels in KA Abwasser Abfall 53. Jahrgang-Nr.4-April 2006; S. 354-361)

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