Einbau einer Abwasserleitung im Steilhang
10.01.2020
Entwässerung einer Streusiedlung in den Karnischen Alpen
Investitionen für den Tourismus
Umrahmt von der idyllischen Kulisse mehrerer Zweitausender, durch die zahlreichen Niederschläge von Dezember bis April zurecht als Schneeloch bezeichnet, und gleichzeitig mit durchschnittlich 850 Sonnenstunden in der Wintersaison zu den Skigebieten mit den meisten Sonnenstunden in den Alpen zählend: So lässt sich kurz zusammenfassen, warum das Nassfeld in den Karnischen Alpen jährlich tausende Touristen anlockt. Aber die Kärntner Region zieht nicht nur Wintersportbegeisterte an, sondern auch im Sommer Wanderer und Naturliebhaber. Bei 1,4 Millionen Übernachtungen jährlich – Tendenz steigend – wundert es nicht, dass Gemeinde und Investoren die Region noch weiter touristisch erschließen, beziehungsweise vorhandene Strukturen ausbauen wollen.
Eine wesentliche Voraussetzung, damit große bauliche Vorhaben überhaupt erst realisiert werden können, ist eine gut funktionierende Wasserver- und Abwasserentsorgung. Am Nassfeld und im Talboden (Tröpolach) sind in den nächsten Jahren weitere Projekte geplant. Schon jetzt wird das Abwasser von Objekten auf der italienischen Seite der Grenzregion vom für das Nassfeld zuständigen Abwasserverband Karnische Region entsorgt.
Entwässerung einer Streusiedlung
Eigentlich gehört die Entwässerung der Streusiedlung mit 25 Objekten am Guggenberg nicht mehr in den Aufgabenbereich des Abwasserverbandes Karnische Region.
Doch aufgrund der zu erwartenden touristischen Entwicklungen, mangelnden Alternativen und der ungleichmäßigen Verteilung beziehungsweise dem verstärkten Aufkommen von Abwässern in einzelnen Monaten, entschloss man sich für den Anschluss der entlegenen Objekte an das Abwassernetz des Abwasserverbandes Karnische Region. Man wählte dafür eine geradlinig verlaufende Trasse, die über eine Länge von 1,5 km und bis zu 45° steilem Gelände zum vorhandenen Abwassernetz führt.
Ein Bauvorhaben mit vielen Herausforderungen, doch die Alternativen – Einzel- oder Gruppenkläranlagen für die Objekte – hätten zu einem unbefriedigenden Ergebnis geführt. „Wenn keine permanente, gleichmäßige Beschickung erfolgt, wird es bei Einzelkläranlagen kompliziert. Die Auslastung in den Sommer- und Wintermonaten ist im Entsorgungsgebiet des AWV Karnische Region extrem hoch und in der Zwischensaison sehr gering“, erläutert Ingenieur Martin Enzi, Geschäftsführer des Abwasserverbands. „Da wir ein sehr fremdenverkehrs- dominiertes Gebiet sind, kommt es zu starken Schwankungen: Von 17.000 EW (Einwohnerwert) Grundlast bis phasenweise über 40.000 EW Spitzenlast bei saisonal bedingten Auslastungen.“
Eine weitere Option wäre eine Leitungstrasse über die sich in Serpentinen hinauf schlängelnde 4,5 km lange Zufahrtsstraße gewesen. Allerdings wäre hier der laufende Meter kaum finanzierbar gewesen. So wählte man mit der direkten Ableitung den kürzesten Weg, der nur ein Drittel so lang ist. „Die Lösung mit schub- und zugsicheren duktilen Gussrohren war rasch klar“, so Ingenieur Walter Brieger, der mit der Planung des Bauabschnitts beauftragt wurde.
Zementmörtel-Umhüllung schützt die Rohre vor äußeren Einflüssen
Rund 400 Höhenmeter überwindet der Abwasserkanal. Von 1.000 m ü. NN führt er von den zu entwässernden Objekten direkt hinab zum Abwassernetz auf etwa 600 m ü. NN. Die Leitung durchquert dabei unterschiedlichste alpine Zonen. Die Anforderungen an das verwendete Rohrmaterial waren dementsprechend hoch, weshalb man sich für robuste duktile Gussrohre mit der VRS®-T Steckmuffen-Verbindung in der Nennweite DN 80 der Tiroler Rohre GmbH entschied. Diese punkten zusätzlich mit der Abriebfestigkeit der Zementmörtel-Auskleidung (ZM-A), die sogar bei hohen Strömungsgeschwindigkeiten, wie sie bei Steilstrecken auftreten, gewährleistet ist.
Ein ganz besonders wichtiges Kriterium, das es zu berücksichtigen galt, war die Widerstandsfähigkeit gegenüber äußeren Einflüssen. So musste die Abwasserleitung selbst potenziellen Hangrutschungen standhalten. Aufgrund der komplizierten geologischen Verhältnisse und der speziellen geografischen und tektonischen Lage – in den Karnischen Alpen trifft die Eurasische Platte auf die Afrikanische Platte – mussten verschiedene Vorkehrungen getroffen werden.
Die Bettung der Rohre in konventionellem Bettungsmaterial war in diesem steilen Gelände nicht möglich, weshalb duktile Gussrohre mit Zementmörtel-Umhüllung (ZM-U) verwendet wurden. Die Umhüllung schützt zuverlässig, z. B. vor Steinschlägen beim Einbau, die das Rohr beschädigen könnten. Dank der längskraftschlüssigen VRS®-T Steckmuffen-Verbindung konnte auf zusätzliche Widerlager verzichtet werden. Die andauernden Bergbewegungen in der tektonisch sensiblen Region machten den Einsatz von Dehnungsausgleichen (Langmuffen), die von der Tiroler Rohre GmbH entwickelt wurden, notwendig – ein probates Mittel zum Ausgleich von Bergbewegungen, wie etwa Hangrutschungen. „Als besondere Sicherheitsmaßnahme wurden Dehnungsausgleicher (Langmuffen) verbaut, die es dem Rohr erlauben, sich etwas auszudehnen, ohne dass es zu einem Rohrbruch kommt“, erläutert Martin Enzi.
Da die Erfahrung mit Gussrohren der Tiroler Rohre GmbH durchweg positiv ist, entscheidet man sich bei anspruchsvollen Leitungsbauprojekten im Verbandsgebiet durchweg für das robuste Material des österreichischen Traditionsherstellers. Aber nicht nur der Abwasserverband sammelte bei den umgesetzten Baustellen Erfahrungen, auch der Rohrhersteller zieht daraus sein Knowhow für weitere Bauvorhaben: „Wir als Rohrhersteller lernen mit solchen Baustellen mit und können unser Wissen in anderen hochalpinen Gegenden Österreichs, die ähnliche Bedingungen aufweisen, anwenden. Somit gehen wir ständig mit der Zeit und können aufgrund der Erfahrungen die Entwicklung von neuen Produkten, wie der Langmuffe, antreiben“, erläutert der den Abwasserverband betreuende Vertriebsmitarbeiter der Tiroler Rohre GmbH, Dr. Igor Roblek.
Grabungsarbeiten am extrem steilen Hang
Die größte Herausforderung beim Bau des Abwasserkanals waren zweifelsohne die Erdbauarbeiten und der Transport der Rohre auf dem extrem steilen Hang. Der Einbau der Rohre war nur mit einer sogenannten „Spinne“ möglich. Das auch als Schreitbagger bekannte Gerät unterscheidet sich von konventionellen Hydraulikbaggern durch die Konstruktion des Unterwagens. So verfügt dieser nicht über ein herkömmliches Radlaufwerk, sondern ist, wie sein Name schon andeutet, mit vier Schreitbeinen ausgestattet. An den Beinen befinden sich sowohl Räder als auch Abstützfüße. Mit Hilfe dieser voneinander unabhängig steuerbaren Schreitbeine ist es dem Geräteführer möglich, auch in schwierigem Gelände Arbeitsvorgänge auszuführen. Doch selbst mit dem für anspruchsvolle Erdbauarbeiten konstruierten Gerät hatten sowohl der Geschäftsführer des Abwasserverbands als auch der Planer an der Durchführbarkeit Bedenken – beide kannten trotz jahrzehntelanger Erfahrung im hochalpinen Bereich keine vergleichbar steile Baustelle.
Den Startschuss gab der Geräteführer der beauftragten ARGE Porr-Seiwald, der die Herausforderung mit der „Spinne“ und einer zusätzlichen Seilwindensicherung annahm. So konnte auf herkömmliche Art und Weise ein Graben für die Rohre ausgehoben und auf kostenintensive Bohrungen im Fels verzichtet werden. Die Rohre wurden ebenfalls mit dem Schreitbagger transportiert. „Man braucht sehr versierte Maschinisten, die mit dem Bagger umgehen und diese Rohrbündel handeln können“, meint Walter Brieger anerkennend. „Es ist mühsam, den Transport in solchem Gelände zu bewerkstelligen.“
Logistische Herausforderungen
Auch die Baulogistik stellte Bauherren und Planer vor große Herausforderungen, denn die Hoteliers fürchteten sinkende Gästezahlen und unzufriedene Urlauber. So wurden die Bauarbeiten möglichst in der Nebensaison zügig vorangetrieben. Ohne Verzögerungen wurden darüber hinaus benötigte Formstücke von der Tiroler Rohre GmbH geliefert. „Die Firmenstruktur der TRM mit Außendienstmitarbeitern in den einzelnen Bundesländern und den regional stark verankerten Vertriebspartnern ermöglicht es, dass wir zeitnah und punktgenau die benötigten Rohre samt der dazugehörigen Formstücke liefern können. Somit sind wir seit nunmehr über 70 Jahren ein verlässlicher Partner für unsere Kunden in ganz Österreich“, so Dr. Igor Roblek von der Tiroler Rohre GmbH.
Sicherer Betrieb für viele Jahrzehnte
Etwas über ein Jahr dauerten die Arbeiten an dem insgesamt 5,5 km langen Leitungsbau; 1,5 km davon beträgt die Länge des beschriebenen Abschnitts des Abwasserkanals im Steilhang. Sowohl Martin Enzi als auch Walter Brieger sind über das Ende des anspruchsvollen Projekts erleichtert und hoffen auf keine Wiederholung dieser schwierigen Baustelle. Auch wenn das nachlässige Credo „vergraben und vergessen“ beim Abwasserverband Karnische Region nicht zutrifft, geht man von einem störungsfreien Betrieb über viele Jahrzehnte aus. Deswegen ist qualitativ hochwertiges Rohrmaterial hier umso wichtiger. Glücklicherweise versprechen duktile Gussrohre eine lange Lebensdauer.
Autorin
Ansprechpartner Tiroler Rohre GmbH
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