Duktile Gussrohre in zugfester Ausführung ermöglichen schwierigen Leitungsbau im Gasteinertal
25.04.2019
Ein Fachartikel von Mag. Roland Gruber
Seit Anfang Juli wird im Salzburger Dorfgastein an einem neuen Kleinwasserkraftwerk der ÖBf Wasserkraft GmbH, einer 100 %igen Tochter der Österreichischen Bundesforste AG, gearbeitet. Dabei handelt es sich um ein modernes Hochdruckkraftwerk, das in Zukunft die Energie des Luggauerbaches nutzen wird.
Die Anlage soll unter Einhaltung höchster ökologischer Standards und in naturverträglicher Bauweise errichtet werden. Steile Berghänge, geologische Tücken und eine extrem geringe Trassenbreite sind die zentralen Herausforderungen, mit denen das Bauteam beim Einbau der Druckrohrleitung konfrontiert ist.
Um den Kraftabstieg sicher und in langlebiger Bauweise zu realisieren, setzen die Betreiber der ÖBf auf die Qualität von duktilen Gussrohren aus dem Hause TRM. Bis November 2017 soll die Druckrohrleitung bereit sein für die finale Druckprüfung.
Herausforderung Leitungsbau
Eine natürliche Gefällstufe von 270 Höhenmetern bildet die topographische Grundvoraussetzung für das neue Kraftwerk Luggauerbach im schönen Gasteinertal. Um das Wasser des Gebirgsbachs sicher und effektiv zur Turbine der Anlage zu führen, ist eine 1.630 m lange Druckrohrleitung in Bau. Die Bewältigung des Kraftabstiegs zählt dabei mit Sicherheit zu den größten Herausforderungen im Zuge des Bauvorhabens. Mit Stand Ende September 2017 hatte die Mannschaft der beauftragten Baufirma bereits rund zwei Drittel der gesamten Trassenlänge geschafft.
„Schon das Verhältnis von 270 Höhenmetern zu einer Rohrleitungslänge von 1.630 m impliziert: Der Trassenverlauf ist hier relativ steil. Das ist gut aus wirtschaftlicher Sicht, kann baulich allerdings mit Schwierigkeiten verbunden sein“, erklärt der Projektleiter der ÖBf Wasserkraft GmbH DI Gerhard Breitenbaumer.
Er verweist dabei auf einen historischen Rutschhang direkt oberhalb des Steilstücks im oberen Trassenabschnitt, für den spezielle Vorkehrungen getroffen werden mussten: So wurde der Bereich mit Querriegeln gesichert, um Hangzügigkeiten in der Falllinie zu vermeiden. Auch dies kein einfaches Unterfangen für die beauftragte Baufirma Rumpf Bau.
„Die Firma Rumpf Bau hat dabei wirklich ihr Können unter Beweis gestellt. Ohne Schreitbagger und ohne Materialseilbahn ist es der Baumannschaft gelungen, Beton, Rohrstöße und sämtliches Material in den Steilhang zu bringen und dort zu verarbeiten. Für die Mobilität im steilen Gelände wurden an der eingesetzten Baggerraupe erhöhte Stegplatten angebracht. Auf diese Weise konnte die Maschine bei trockenen Bedingungen auch im Steilhang fahren“, so der Projektleiter.
Extremen Belastungen gewachsen
In Hinblick auf die Geländesteilheit, die erschwerte Zugänglichkeit und die geologische Instabilität spielt natürlich die Wahl des richtigen Rohrmaterials eine entscheidende Rolle. Für die erfahrenen Wasserkraftbetreiber der ÖBf stand außer Zweifel, dass das duktile Gussrohrsystem des bekannten Tiroler Qualitätsherstellers Tiroler Rohre GmbH unter diesen Gesichtspunkten ein hohes Maß an Sicherheit bietet.
„Das Gussrohr war am Ende die beste und wirtschaftlichste Variante“, erklärt Gerhard Breitenbaumer die Wahl, mit der man letztlich sehr zufrieden war. Funktionalität und hohe Langlebigkeit, so lauten die bekannten Pluspunkte der Gussrohre aus Hall in Tirol. Es ist naheliegend, dass man als Betreiber darum bemüht ist, aufwändige Schweißarbeiten und Schweißnahtprüfungen in schwierigem Gelände zu vermeiden, was sich vor allen Dingen in direkter Zeit- und somit Kostenersparnis niederschlägt. Ein wichtiges Argument für die duktilen Gussrohre.
Konkret kommen für die 1.630 m lange Druckrohrleitung oberhalb von Dorfgastein Rohrsysteme der Dimension DN 500 mit VRS®-T-Steckmuffen- Verbindung zum Einsatz. Dabei handelt es sich um eine form- und längskraftschlüssige Muffen- Verbindung, die auch Belastungen von extrem hohen Kräften widersteht. Je nach Nennweite können damit Betriebsdrücke von über 100 bar oder zulässige Zugkräfte bis zu 200 kN aufgefangen werden.
„Durch diese formschlüssige Verbindung können wir uns die Errichtung von betonierten Fixpunkten ersparen, die nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht ein Thema sind, sondern auch aufwändig herzustellen sind“, erklärt Gerhard Breitenbaumer.
Schmale Trasse als Erschwernis
Ein weiterer wichtiger Punkt in der Planung der Druckrohrtrasse ergab sich aus den Auflagen des Naturschutzes: Um den Eingriff in die Naturlandschaft des Gasteinertals möglichst gering zu halten, wurde die maximale Trassenbreite mit 6 m vorgegeben.
„Das klingt nach mehr als es ist. Gerade in den steilen Abschnitten war es für die Baufirma nicht einfach, den Trassenbereich auf 6 m zu beschränken. Aber auch das ist Rumpf Bau sehr gut gelungen“, findet der Projektleiter lobende Worte für das Bauunternehmen, das viel Erfahrung beim Einbau von Gussrohren mitbringt.
Die Rohre werden dabei in der bewährten Auf-Zu-Methode eingebaut. Das bedeutet nichts anderes, als dass immer nur ein Rohr eingebaut wird, und die Künette (Leitungsgraben) unmittelbar nach dem Anschluss wieder geschlossen wird. Das ermöglicht nicht nur einen raschen Baufortschritt, sondern stellt sicher, dass die Arbeiten im Wesentlichen auch von Witterungseinflüssen unabhängig sind. Rund 5 bis 6 Rohre mit einer Stücklänge von 6 m baut das Team von Rumpf Bau derzeit pro Tag ein.
Dank dieses Tempos ist es bis dato auch problemlos gelungen, den Projektzeitplan perfekt einzuhalten. „Unser Zeitplan ist durchaus straff getaktet, lässt aber auch Reserven offen“, sagt Gerhard Breitenbaumer. Wobei, so der Projektleiter, auch äußere Faktoren im Zeitplan eine zentrale Rolle gespielt hätten: Eine Auflage der Hydrographie hatte etwa vorgesehen, dass erst ab 1. September im Abflussbereich des Gewässers gearbeitet werden darf. Eine andere der Wildbach- und Lawinenverbauung, WLV, wiederum ließ Bauarbeiten im Bereich der siedlungsnahen Mur-Abweisdämme erst ab 15. Oktober zu. Verständlicherweise musste die Schutzfunktion der Bauten über die hochwassergefährliche Zeit hinaus zu 100 % gegeben sein.
Harmonisches Miteinander
Dass man sehr gut im Projektzeitplan liegt, hat mehrere Ursachen. Laut Gerhard Breitenbaumer habe die trockene Witterung in diesem Sommer ebenso einen zügigen Baufortschritt begünstigt wie das gute Projektmanagement und die ausgezeichnete Zusammenarbeit der beteiligten Unternehmen. Das Bauteam von Rumpf Bau hat mittlerweile die Leerverrohrung für den Lichtwellenleiter eingezogen, ebenso das Stromkabel für die Eigenversorgung an der Wasserfassung. Grundsätzlich wurde bislang – Stand Ende September – bereits der obere, schwierigere Trassenabschnitt fertiggestellt, der etwas flachere Bereich vom Krafthaus bis zur Bachquerung steht in den nächsten Wochen auf dem Programm.
Grundsätzlich ist die Leitung so geplant, dass alles im Gefälle verläuft, man also ohne Hoch- und Tiefpunkte auskommt. Dies trifft auch auf die Bachquerung zu, die in erheblicher Tiefe mittels Unterdükerung hergestellt wird.
„Besonders großes Augenmerk wird von der Baufirma darauf gelegt, dass keinerlei Steine bei den Arbeiten in die Rohrleitung gelangen. Zu diesem Zweck wird noch vor der Druckprüfung die gesamte Rohrleitung mit einer Kamera abgefahren, um etwaiges Geschiebe zu detektieren und im Bedarfsfall zu entfernen. Es würde letztlich Schäden an Düsen oder Laufrad anrichten, wenn es bei der Nassinbetriebsetzung mit 27 bar an der Turbine ankommt“, erklärt der Projektleiter.
Strom für 1.000 Haushalte
Doch nicht nur die Einbauarbeiten sind voll im Zeitplan. Auch an der Wasserfassung und am Maschinenhaus ist der Baufortschritt im grünen Bereich. Dabei stellt sich auch die Situation im Fassungsbereich als durchaus nicht einfach dar.
Um das geplante Tirolerwehr sicher errichten zu können, musste vorab ein Steinschlagschutz mit Netz angelegt werden. Immer wieder lösen sich in dem geologisch instabilen Gebirgseinschnitt Steine, ohne Steinschlagnetz wären diese eine echte Bedrohung für die Arbeiter gewesen. Um den Hang neben dem Entsanderbauwerk zu sichern, wurde für den Aushub von oben nach unten eine Spritzbetonsicherung mit zahlreichen Felsankern in der Länge von 6 bis 10 m vorgesehen.
An dem Tirolerwehr sollen in Zukunft bis zu 500 l/s für die Stromproduktion im Kraftwerk entnommen und der Druckrohrleitung zugeführt werden. Dieses Triebwasser wird in der Folge von einer 4-düsigen Peltonturbine abgearbeitet, die auf eine Ausbauleistung von 1,1 MW ausgelegt ist.
Einmal in Betrieb, soll das neue Kraftwerk Luggauerbach im Regeljahr rund 4 GWh an sauberem Strom erzeugen. Damit können etwa 1.000 durchschnittliche Gasteiner Haushalte versorgt und jährlich rund 3.400 t CO2-Emissionen eingespart werden. Nach derzeitigem Stand sieht alles danach aus, dass bereits im November die Druckprobe an der Rohrleitung durchgeführt werden kann und das neue Kraftwerk mit der Schneeschmelze im kommenden Frühjahr den Betrieb aufnehmen wird.
Technische Daten
- Ausbaudurchfluss: 500 l/s
- Fallhöhe: 270 m
- Turbine: 4-düsige Peltonturbine
- Ausbauleistung: 1.099 kW
- Generator: 3-Phasen synchron
- Druckrohrleitung: Länge 1.630 m
- Nennweite: DN 500
- Material: duktiles Gusseisen
- Fabrikat: Tiroler Rohre GmbH
- Bauzeit: Juli 2017 – Mai 2018
- Regelarbeitsvermögen: 4,05 GWh
Autor
Mag. Roland Gruber
Chefredakteur zek HYDRO
Ansprechpartner TRM
Mag. Dr. Igor Roblek
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