Das Recht des VOB-Vertrages Teil 14/18: Abrechnung
13.12.2005
§ 14 VOB/B bestimmt die Form und den Inhalt der Abrechnung der Leistungen des Auftragnehmers. Er regelt die Frist, binnen derer abzurechnen ist und gewährt dem Auftraggeber das Recht der Selbstvornahme, rechnet der Auftragnehmer nicht fristgemäß prüfbar ab.
- Prüfbar ist die Abrechnung, wenn sie dem Informations- und Kontrollinteresse des Aufraggebers gerecht wird und er sich sachgerecht verteidigen kann (BGH, BauR 1999, 635; BauR 1999, 1185; BauR 2000, 1191). Und zwar gemessen an seinen subjektiven Fähigkeiten, wobei sich der Auftraggeber den Sachverstand der von ihm für die Prüfung von Rechnungen eingesetzten Dritten, beispielsweise eines Architekten (BGH, NJW 1967, 342), zurechnen lassen muss. Nicht entscheidend ist, ob die Berechnung sachlich richtig ist, denn Fehler der Abrechnung berühren die Prüfbarkeit nicht (BGH, BauR 1999, 635; BauR 1997, 1065).
Die Rechnungen sind gemäß § 14 Nr. 1 S. 2 VOB/B übersichtlich aufzustellen, dabei ist die Reihenfolge der Posten einzuhalten und die in den Vertragsbestandteilen enthaltenen Bezeichnungen zu verwenden.
Rechnungen in diesem Sinne sind alle schriftlichen Aufstellungen über Vergütungsansprüche des Auftragnehmers. In Betracht kommen Rechnungen über Abschlagszahlungen, Schlusszahlungen sowie Teilschlusszahlungen und auch Stundenlohnrechnungen (§ 16 Nr. 1, Nr. 3, Nr. 4 sowie § 15 Nr. 4 VOB/B). - Die Auftragnehmer muss nach § 14 Nr. 1 S. 3 VOB/B die zum Nachweis von Art und Umfang der Leistung erforderlichen Mengenberechnungen, Zeichnungen und andere Belege beifügen. Bloßes Bereithalten zur Einsichtnahme des Auftraggebers genügt regelmäßig nicht (LG Hanau, SFH §14 VOB/B Nr. 4).
Nach § 14 Nr. 1 S. 4 VOB/B sind in Rechnungen Änderungen und Ergänzungen des Vertrages besonders kenntlich zu machen und auf Verlangen getrennt abzurechnen. Dies ist ein Gebot der Transparenz, damit der Prüfbarkeit. Denn zusätzliche oder geänderte Leistungen sind in der Leistungsbeschreibung nicht enthalten, entsprechend im Rahmen der prüfbaren Rechnung mit klarer Kennzeichnung besonders aufzuführen. Dies gilt auch für Änderungen oder Ergänzungen von Pauschalpreisverträgen (BGH, BauR 1989, 87). - Zur Abrechnung des vorzeitig beendeten Pauschalpreisvertrages hat der Auftragnehmer die erbrachten Leistungen vorzutragen und von dem nicht ausgeführten Teil abzugrenzen, sodann das Verhältnis der bewirkten Leistungen zur vereinbarten Gesamtleistung sowie des Preisansatzes für die Teilleistungen zum Pauschalpreis darzulegen. Die Abrechnung muss auf der Grundlage des Vertrages erfolgen und den Besteller in die Lage versetzen, sich sachgerecht verteidigen zu können (ständige Rechtsprechung: zuletzt BGH, Entscheidung vom 13.05.2004, VII ZR 424/02 sowie BGH, BauR 2003, 1588; BauR 2002, 1695). Die nachträgliche Aufgliederung des Pauschalpreises in Einzelleistungen und Preise muss zum Beleg der Prüfbarkeit in der Regel die Gesamtleistung erfassen (BGH, Entscheidung vom 13.05.2004, VII ZR 424/02 sowie BGH, BauR 2000, 1182). Dabei sind der Schlussrechnung Unterlagen beizufügen, die dem Auftraggeber die Prüfung ermöglichen, ob die Ansätze des Auftragnehmers den vertraglichen Grundlagen entsprechen (BGH, NJW 2003, 581). Nur so ist das Informations- und Kontrollinteresse des Auftraggebers, das den Umfang und die Differenzierung der für die Prüfung erforderlichen Angaben der Schlussrechnung bestimmt und begrenzt, gewahrt (BGH, NJW 2001, 521).
- Das Aufmaß dokumentiert alle für die Abrechnung notwendigen Feststellungen der wirklich geleisteten Fordersätze (Mengen) durch den Auftragnehmer im Hinblick auf den für die vereinbarte Vergütung maßgebenden Wert nach Zahl, Maß und Gewicht. Hierzu gehören grundsätzlich alle Ermittlungen am Leistungsobjekt, und zwar nicht nur anhand von Plänen (OLG Köln, BauR 1994, 114).
- Die für die Abrechnung notwendigen Feststellungen sind dem Fortgang der Leistungen entsprechend möglichst gemeinsam vorzunehmen (§ 14 Nr. 2 S. 1 VOB/B).
Mit Blick auf die erhebliche Bedeutung des zu dokumentierenden Leistungsstandes für die Abrechnung hat der Auftragnehmer rechtzeitig die gemeinsame Feststellung zu beantragen. Dies insbesondere wegen Leistungen, die bei Weiterführung der Arbeiten nur schwer feststellbar sind (§ 14 Nr. 2 S. 3 VOB/B).
Bleibt der Auftraggeber dem Termin zum gemeinsamen Aufmaß fern und ist ein neues Aufmaß oder eine Überprüfung des einseitig genommenen Aufmaßes nicht mehr möglich, so hat er im Streitfall darzulegen und zu beweisen, welche Massen zutreffend oder dass die vom Auftragnehmer angesetzten Massen unzutreffend sind (BGH, BauR 2003, 207).
Vereitelt der Auftraggeber das Aufmaß im Übrigen dadurch, dass er das Bauvorhaben durch ein Drittunternehmen hat fertig stellen lassen und war es dem Auftragnehmer deshalb nicht mehr möglich, den Stand der von ihm erbrachten Leistungen durch Aufmaß zu ermitteln, so kann er gleichwohl seiner Verpflichtung zur prüfbaren Abrechnung genügen, indem er alle ihm zur Verfügung stehenden Umstände mitteilt, die Rückschlüsse auf den Stand der erbrachten Leistungen ermöglichen (BGH, BauR 2004, 1443). - Die gemeinsamen Feststellungen sollen dazu dienen, etwaige Zweifelsfragen aufzudecken, so dass an Ort und Stelle klare Verhältnisse zur Vermeidung späterer Streitigkeiten geschaffen werden können KG, SFH, Z 2.412, BI. 16 ff.). In der Konsequenz sind die Parteien, insbesondere der Auftraggeber, an die tatsächlichen Feststellungen des Aufmaßes gebunden (BGH, NJW 1974, 646; BauR 1975, 211; KG, MDR 1956, 356). Auch der öffentliche Auftraggeber kann sich insoweit nicht durch eine spätere Überprüfung seitens der Rechnungsprüfungsbehörde von den tatsächlichen Feststellungen lösen (OLG Hamm, BauR 1992, 242).
Entsprechend schwer ist es insbesondere für den Auftraggeber nach gemeinsamem Aufmaß einzuwenden, die Feststellungen des gemeinsamen Aufmaßes entsprechen nicht der Wirklichkeit. Kann er dies jedoch substantiiert darlegen und beweisen, etwa dadurch, dass ihm die die Unrichtigkeit begründenden Tatsachen erst nach dem gemeinsamen Aufmaß bekannt geworden sind, so kann er den Beweis der Unrichtigkeit des Aufmaßes – nach Umkehr der Beweislast – führen (OLG Hamm, BauR 1992, 242; BGH, BauR 1975, 211; OLG München, NJW-RR 1987, 1500).
Einwände in rechtlicher Hinsicht sind den Parteien ohnehin nicht abgeschnitten, weil das Aufmaßergebnis nur Tatsachen dokumentiert. Nach wie vor können die Parteien, insbesondere der Auftraggeber, einwenden, die Aufmaßbestimmungen (z.B. DIN-Normen) seien nicht richtig angewandt (OLG Düsseldorf, BauR 1991, 722), die betreffende Leistung sei durch eine andere Position mitumfasst, sei nach der Vereinbarung nicht zu berechnen, bei richtiger Vertragsauslegung anders zu berechnen oder vertraglich überhaupt nicht vereinbart. Denn Einwendungen dieser Art werden vom Zweck des Aufmaßes nicht erfasst (BGH, BB 1992, 735; NJW 1974, 646).
Ist zwischen den Parteien nichts anderes vereinbart, muss die Schlussrechnung bei Leistungen mit einer vertraglichen Ausführungsfrist von höchstens drei Monaten spätestens 12 Werktage nach Fertigstellung eingereicht werden. Für je weitere drei Monate Ausführungsfrist wird diese Frist um je sechs Werktage verlängert (§ 14 Nr. 3 VOB/B).
Voraussetzung für den Beginn der Frist ist die Fertigstellung, also die Abnahmereife (vgl. Teil 12/18) der Bauleistung. Der Lauf der Frist bestimmt sich dann nach den §§ 186 ff. BGB. Entsprechend werden in diese Frist fallende Samstage, weil Werktage (vgl. § 11 Nr. 3 VOB/B), mitgerechnet - anders als Sonn- und Feiertage.
- Nach § 14 Nr. 4 VOB/B kann der Auftraggeber auf Kosten des Auftragnehmers eine Rechnung erstellen, wenn der Auftragnehmer diese Pflicht auch innerhalb einer ihm vom Auftraggeber dafür gesetzten angemessenen Frist nicht erfüllt.
Der Auftraggeber kann seinerseits Interesse an einer prüfbaren Abrechnung haben, beispielsweise wenn er zur Bauerrichtung Fremdmittel erhalten hat, die nach dem zugrunde liegenden Bedingungen innerhalb einer bestimmten Frist zu Bauzwecken verwendet sein müssen oder erst zur Auszahlung gelangen, wenn eine Abrechnung vorliegt. Das kann auch gerade bei der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel, die innerhalb eines bestimmten Rechnungsjahres zu verwenden sind, der Fall sein.
Der Auftraggeber ist aber nicht verpflichtet, nach fruchtlosem Ablauf der dem Auftragnehmer gesetzten Frist, die Abrechnung zu erstellen. Stattdessen kann er auch Klage auf Erteilung der Abrechnung erheben (OLG München, NJW-RR 1987, 146; OLG Jena, MDR 1999, 993; OLG Dresden, BauR 2000, 103; OLG Köln, BauR 2001, 1788; LG Aachen, BauR 2001, 107). - Der Auftraggeber kann vom Auftragnehmer Erstattung der Kosten für die selbst erstellte prüfbare Abrechnung verlangen. Dieser Anspruch umfasst insbesondere erforderlich gewordene Personal– und Sachkosten einschließlich Nebenkosten. Aufwendungen, die der Auftraggeber hingegen ohnehin im Wege der Prüfungstätigkeit gehabt hätte, wenn die Errechnung des Auftragnehmers prüfbar gewesen wäre, sind jeweils dann abzuziehen, wenn die vorgelegte Rechnung in Teilen prüfbar ist (OLG Düsseldorf, BauR 1987, 336).
- Die Konsequenzen der vom Auftraggeber selbst aufgestellten Abrechnung sind dieselben, als wenn der Auftragnehmer prüfbar abgerechnet hätte (OLG Düsseldorf, BauR 1995, 258).
Dies betrifft insbesondere die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs (neben der Abnahme) sowie auch den damit verbundenen Beginn der Verjährungsfrist (BGH, BauR 1984, 182; BauR 2002, 313). Auf die 2-monatige Prüffrist nach § 16 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 VOB/B kann sich der Auftraggeber jedoch nicht mehr berufen. Denn diese Vorschrift schützt ihn nur, um ihm Gelegenheit zur Rechnungsprüfung zu geben wird. Dieser Schutzweck ist bei Selbstaufstellung der Rechnung obsolet (BGH, BauR 2002, 313).
Unwirksam ist eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers, dass der Auftragnehmer im Falle der Selbstaufstellung der Rechnung durch den Auftraggeber auf Einsprüche verzichtet (OLG Karlsruhe, BB 1983, 725).
Unwirksam ist die Klausel, nach der mit Erstellung der Schlussrechnung der Anspruch auf den Werklohn fällig wird (OLG Stuttgart, NJW-RR 1994, 17).
Unwirksam ist eine Klausel, wonach der Auftraggeber das Aufmaß allein erstellt und die Kosten dem Auftragnehmer anlasten kann, wenn das Aufmaß vom Auftragnehmer nicht erstellt oder unbrauchbar ist (BGH, ZfBR 1998, 41).
Weitere Beispiele und einen genaueren Überblick kann man sich in dem Nachschlagewerk Diehr/Knipper, Wirksame und unwirksame Klauseln im VOB-Vertrag, Vieweg 2003, verschaffen.
Mehr Informationen unter www.tis-online.info
Autor:
Dr. Uwe Diehr
Rechtsanwalt
Leinen & Derichs Anwaltsozietät
Kurfürstenstr. 31
14467 Potsdam
Tel.: 0331 / 28999 - 0
Fax: 0331 / 28999 - 14
Mail: uwe.diehr@leinen-derichs.de
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