Abgelenkte Bohrungen im Festgestein zur Grundwassergewinnung

27.05.2008

Die Trinkwassergewinnung in Festgesteinsgebieten ist vielfach mit technischen, hydrogeologischen und damit auch wirtschaftlichen Unsicherheiten verbunden. Als ökologisch ungünstig sind die großen punktuellen Grundwasserabsenkungen bei mangelhafter Erschließung des wasserführenden Trennflächengefüges durch Vertikalfilterbrunnen zu sehen. Ein durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördertes Forschungsprojekt sollte aufzeigen, wie eine optimierte Wassergewinnung in Festgesteinsgebieten durch abgelenkte Brunnenbohrungen erreicht werden kann.

Kernziele des durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Forschungs- und Entwicklungsprojektes „Erste Phase der Entwicklung eines umweltschonenden Verfahrens zur Grundwassergewinnung durch abgelenkte Brunnenbohrungen im klüftigen Festgestein in ökologisch und wasserwirtschaftlich sensiblen Gebieten“ waren die Entwicklung einer effizienteren Methode zur Trinkwassergewinnung in Festgesteinsgebieten durch den Bau und Betrieb von verlaufsgesteuert errichteten Wassergewinnungsbrunnen sowie insbesondere die ökologische Verträglichkeit der Wasserentnahme (Abb. 1).

Wie eine vergleichende Betrachtung unter Einsatz numerischer Modellierungen von Vertikalfilterbrunnen im Gegensatz zu abgelenkten Brunnenbohrungen im Festgestein zeigte, sind durch die letztgenannten deutliche Steigerungen der spezifischen Ergiebigkeit bei vergleichsweise geringen, lateral wirksamen Absenkungsbeträgen zu erwarten.

Folglich sollten im Anschluss an diesen numerischen Nachweis unter anderem Aspekte der Bohrungs- und Brunnenkonzipierung, der Bohrtechnik und des Brunnenausbaus unter Beachtung der Besonderheiten durch den Einsatz in Festgesteinsgebieten im Gegensatz zu Anwendungen im Lockergestein (Abb. 2) betrachtet werden. Der vorliegende Beitrag stellt einige der Forschungsergebnisse zur Bohrungskonzeption und zum Brunnenausbau zusammenfassend dar. Eine gesonderte Betrachtung der ökologischen Vorteile abgelenkter Brunnenbohrungen im Festgestein erfolgt im Rahmen einer weiteren Veröffentlichung zum Thema.

Bohrungskonzeption in Abhängigkeit des Trennflächengefüges

Die Grundwasserströmung in geklüfteten Festgesteinen findet in der Regel einerseits über das Kluftnetzwerk, andererseits in Abhängigkeit von deren Durchlässigkeit und Porosität in der Gesteinsmatrix statt, wobei die wasserwegsamen Klüfte im Gebirge in Funktion ihrer Öffnungsweite präferenzielle Fließwege darstellen (Abb. 3 und 4). Daneben liegen Wechselwirkungen zwischen Kluftnetzwerk und Matrix vor, die sowohl die Strömung als auch Stoff- und Wärmetransport betreffen. Im Vergleich zu Brunnenbaumaßnahmen im Lockergestein sind in Festgesteinsgebieten somit bautechnische und hydraulische Besonderheiten, speziell die unterschiedlichen Effekte des Trennflächengefüges auf die Brunnenanströmung, zu beachten. So beeinflusst die Raumlage der wasserwegsamen Hohlraumsysteme und deren hydraulischer Anschlussgrad an den Brunnen maßgeblich die gewinnbare Fördermenge, die Geometrie des Absenkungstrichters und somit die Auswirkung auf Natur und Landschaft.

Es liegt nahe, dass die Anwendung eines verlaufsgesteuerten Bohrverfahrens zum Bau von Brunnen mit optimalem Anschluss an das präferenziell wasserführende Kluftnetzwerk ein möglichst gutes Verständnis dieses Trennflächengefüges erfordert. Dementsprechend sind eine umfassende Aufnahme von Kluftdaten im Gelände und deren statistische Auswertung zur Planung der Bohrung im Vorfeld erforderlich, soweit diese Informationen in Form von Gesteinsaufschlüssen zugänglich sind. Der optimale Bohrlochverlauf für eine abgelenkte Festgesteinsbohrung zur Grundwassererschließung ergibt sich somit u. a. aus der statistischen Analyse des vorliegenden Trennflächengefüges.

Bei der Aufnahme der Klüfte im Gelände ist dabei neben den rein statistisch relevanten skalaren und vektoriellen Kenndaten nach Möglichkeit auch zu ermitteln, welche Kluftschar die größte Wahrscheinlichkeit einer präferenziellen Wasserführung aufweist. Dies kann z. B. anhand von charakteristischen Kluftbelägen oder durch direkt beobachtete Sickerwasserströmungen erfolgen. Falls keine signifikant verstärkte Wasserführung einer bestimmten Kluftschar identifizierbar ist, sollte der Bohrlochverlauf an der nach Häufigkeit dominierenden Trennflächenschar ausgerichtet werden.

Brunnenausbau

Neben der Bohrtechnik steuern der Brunnenausbau bzw. die dazu verwendeten Materialien maßgeblich den meist über die Leistungscharakteristik definierten Erfolg der Brunnenbaumaßnahme. Zur Wahl geeigneter Ausbaumaterialien ist es zwingend notwendig, die an sie gestellten Ansprüche im Vorfeld zu definieren. Einige dieser Ansprüche sind in der Regel unabhängig von der umgesetzten Brunnenbauform bzw. dem jeweiligen Individualproblem.

Dazu gehören beispielsweise die Minimierung von Brunneneintrittsverlusten bzw. die Maximierung der spezifischen Ergiebigkeit sowie die Wirksamkeit der Abdichtung zur Vermeidung von Oberflächenwasserzuflüssen in die Wasserfassung einerseits und von hydraulischen Kurzschlüssen andererseits. Weitere an die Ausbaumaterialien zu stellende Ansprüche ergeben sich als Individualprobleme aus den Rahmenbedingungen und Parametern einzelner Brunnen. Dies betrifft u. a. die Abstimmung der Filterrohr- und Filterkiesparameter auf die Aquifercharakteristik und die Beständigkeit der Ausbauverrohrung gegen Druck-, Zug- und Biegebeanspruchung.

Für den Fall, dass die verwendeten Ausbaumaterialien nicht an die zu erwartenden Belastungen und gegebenen Rahmenbedingungen angepasst werden, sind negative Folgen für die Brunnenbaumaßnahme zu erwarten. In jedem Fall gilt dies für die Leistungscharakteristik des Brunnens, schlimmstenfalls kann es sogar zu einer Havarie durch den Kollaps der Verrohrung aufgrund von zu hohen mechanischen Beanspruchungen kommen (Treskatis 1995).

Auswahl von Rohrmaterialien

Spezielle Belastungen von Brunnenrohren ergeben sich für abgelenkte Brunnenbohrungen in Festgesteinsgebieten durch die Einbringungstechnik mittels Einschub oder Einzug sowie aufgrund von Durchbiegungen der gesamten Rohrtour beim Einbau. Ein Teil der Rohrtour bleibt im Betrieb durchgebogen, sodass die Belastung permanent auftritt.

Ein Vorteil des Baus abgelenkter Brunnenbohrungen in der HDD-Technik (vgl. Stein 2003) ergibt sich gegenüber abgelenkten Brunnenbohrungen im „konventionellen“ Vertikalbohrverfahren daraus, dass gewünschte Abweichungen von der Lotrechten in deutlich geringeren Tiefen erreicht werden. Dies erhöht in der Regel nicht nur das Potenzial zur Grundwasserführung der erbohrten Schichten (auch wenn abweichende Konstellationen denkbar sind), sondern minimiert auch den Überlagerungsdruck. Die notwendige Durchbiegung der Rohrtour kann grundsätzlich durch zwei Varianten erreicht werden:

  1. Die Verwendung kurzer Rohrlängen bei Durchbiegung der gesamten Rohrtour an den Verbindungsstellen und
  2. die Verwendung möglichst langer Rohrlängen bei Durchbiegung der Rohrmaterialien selbst.

Im Fall von Möglichkeit 1 stellt sich die Frage nach der Dichtigkeit der Verbindungen im Vollwandrohrbereich. Hier zeigen Erfahrungen von Rohrherstellern für bestimmte Rohrverbindungen und Werkstoffe jedoch, dass relativ große Durchbiegungen bis 20 Grad auch ohne Einbüßen der Dichtigkeit erreicht werden können. Im Fall von Lösung 2 stellt die Dichtigkeit kein Problem dar, da die Rohrverbindungen auch verschweißt werden können (Stahl).

Da die notwendigen Biegeradien unabhängig vom verwendeten Material bei kurzen Rohrlängen an den Rohrverbindungen erzielt werden können, sollte nach jetzigem Kenntnisstand in Abhängigkeit der örtlichen Randbedingungen nach Möglichkeit die Variante 1 bevorzugt werden. Aus Gründen der Rohrstabilität kann in Abhängigkeit der konkreten örtlichen Verhältnisse kein Rohrwerkstoff grundsätzlich ausgeschlossen werden. Allerdings sollten Rohrherstellerangaben zufolge maximale Rohrdurchmesser von DN 200 nicht überschritten werden, da darüber hinaus – abhängig auch von Werkstoffen und Wandstärken – das Biegen der Rohre kaum noch möglich ist. Unter hydraulischen Gesichtspunkten ist für den Filterrohrbereich Wickeldraht vorteilhaft.

Jedoch zeigt eine einfache hydraulische Betrachtung der Filterrohranströmung, dass bereits für ein PVC-Filterrohr DN 150 mit einer Schlitzweite von 0,5 Millimeter (normal dicht geschlitzt) und einer resultierenden offenen Filterfläche von ca. 5,5 Prozent eine Filterstrecke von 9 Metern ausreichend ist, um eine Menge von 25 m3/h (optimierte Zielgröße im vertikal geklüfteten Festgestein) ohne die Überschreitung der kritischen Eintrittsgeschwindigkeit nach SICHARDT von 0,03 m/s zu fördern. Der hydraulische Aspekt zur Auswahl der Filterrohrmaterialien kann somit gegenüber Stabilitätsfragen vernachlässigt werden. Eine Verbindung unterschiedlicher Materialien für Vollwandrohr- und Filterrohrbereich lässt eine optimierte Verwendung in Abhängigkeit der auftretenden Belastungen zu. Die Anforderungen an das während der Bohrung eingesetzte Schutzrohr ergeben sich primär aus den Einwirkungen längs zur Rohrachse.

Filterkies

Nach Bieske et al. (1998) wird bis auf wenige Ausnahmen Filterkies zur Ringraumverfüllung auch für Bohrungen im Festgestein eingesetzt. In unverwittertem Gebirge dient der eingebrachte Kies im Gegensatz zu Anwendungen im Lockergestein jedoch meist nicht primär dem Zweck, Sande vor dem Eintritt ins Brunneninnere zurückzuhalten, sondern fungiert in erster Linie als Stützkörper. Er soll den zentrischen Einbau des Brunnenrohrstranges unterstützen und fixieren, um einen direkten Kontakt zwischen Filterrohr und Bohrlochwand auszuschließen.

Zudem verhindert der Filterkies im Ringraum, dass lockere Gesteinsbrocken aus der Bohrlochwand fallen und einen direkten Schaden an der Verrohrung bewirken oder auf die Filterrohre einen negativen Einfluss durch einseitigen Druck ausüben. In verwitterten bis engständig geklüfteten grobkörnigen Sandsteinen und Magmatiten oder Metamporphiten erfüllt der Filterkies wiederum analog zu Brunnen im Lockergestein neben seiner Stützfunktion auch den Anspruch einer Verhinderung des Eintritts grober Lockergesteinspartikel und feiner Gesteinsbruchstücke in den Brunnen. Unabhängig von den Gebirgsparametern darf der Filterkies – durch an den Aquifer und das Filterrohr angepasste hydraulische Kennwerte – nur minimale Eintrittswiderstände des Grundwassers in den Brunnen verursachen. Die Filterkiesschüttung ist gleichmäßig ohne eine Ausbildung von Hohlräumen in den Ringraum um die Filterstrecke einzubringen, um nachträgliche Setzungen auszuschließen. Dies kann zum Beispiel durch Kolben beim Einbau des Kieses erreicht werden.

Im Festgestein ist zudem eine möglichst lange verkieste Ringraumstrecke anzustreben, da über die Ringraumverkiesung ein Kurzschluss mit dem Trennflächensystem erzeugt wird, welches der Filterrohrstrang selbst nicht direkt erfasst. Im Rahmen der Forderung einer möglichst langen Filterkiesstrecke darf jedoch keinesfalls die wirksame Abdichtung gegen unerwünschte Zuflüsse, z. B. von oberflächlichen Sickerwässern, vernachlässigt werden.

Der Korndurchmesser der Kiesschüttung ist unter dem Gesichtspunkt der Brunnenanströmung möglichst grob zu wählen. Welcher Korndurchmesser für abgelenkte Brunnenbohrungen im unverwitterten Festgestein tatsächlich einsetzbar ist, wird jedoch primär von der Einbringungstechnik bestimmt. Naturgemäß muss der Filterkieskorndurchmesser in jedem Fall gröber sein als die Filterrohrschlitzweite. Im Fall extremer Kluftöffnungsweiten kann es auch zu einem Filterkiesverlust in das Gebirge kommen. Dieser Aspekt ist in Anbetracht der üblichen Filterkieskorngrößen und Kluftöffnungsweiten zwar vermutlich nur von untergeordneter Bedeutung, sollte aber im Zusammenhang der Volumenkontrolle bei der Einbringung bedacht werden. Maximale Filterkieskörnungen im Festgestein liegen nach Bieske et al. (1998) bei 5,6 bis 8 oder 8 bis 16 Millimeter. Im Fall stark verwitterter Festgesteine, in denen wie z. B. für vergruste Kristallingesteine eine Siebanalyse möglich ist, sollten zur Bestimmung des Schüttkorndurchmesser die Verfahren nach Bieske (1961, zitiert in Bieske et al. 1998) oder gemäß DVGW-Arbeitsblatt W 113 (2001) auf Basis der Kennkorngröße des Gesteins angewendet werden.

Abgesehen von stark verwitterten Festgesteinen ist zur Minimierung von Eintrittsverlusten auch für abgelenkte Brunnenbohrungen im Festgestein eine möglichst grobe Korngröße des Filterkieses anzustreben. Besondere Anforderungen werden allerdings durch die möglichen Einbringtechniken gestellt, welche kleinere Korndurchmesser vorschreiben können. So ist eine Schüttung des Filterkieses von der Geländeoberkante aus ohne die Verwendung von Schüttrohren auf sehr flache Bohrungen ohne maßgebliche Abweichung von der Lotrechten beschränkt. Diese Variante ist im Hinblick auf abgelenkte Brunnenbohrungen im Festgestein praktisch nicht relevant und damit auszuschließen. Vielmehr sind flexible Schüttrohre oder -schläuche, welche eine Eignung auch in großen Tiefen und mit großen Abweichungen von der Lotrechten bis in die Horizontale aufweisen, einzusetzen. Als geeignet werden PE-Schläuche eingestuft.

Der Filterkiesdurchmesser muss hierfür so klein sein, dass Verstopfungen in den Einspülschläuchen ausgeschlossen werden können. Als besonders kritisch sind in diesem Zusammenhang Bereiche der Bohrung mit minimalen Biegeradien zu nennen, in denen aufgrund von Engstellen die Verstopfungsgefahr maximal wird. Die praktische Ausführung der Filterkieseinbringung hängt direkt vom umsetzbaren Bohrdurchmesser ab. Der Durchmesser des Schlauchs zur Filterkieseinspülung sollte an den Bohrdurchmesser bzw. den resultierenden Ringraum angepasst maximal gewählt werden, um so Reibungsverluste und das Risiko eines Verstopfens zu minimieren. Angesichts einer relativ geringen derzeitigen Zielgröße der Entnahmemenge in Festgesteinsgebieten von lediglich rund 25 m3/h ist der Filterkiesdurchmesser hinsichtlich seiner hydraulischen Auswirkungen als unkritisch zu sehen. Insofern sollte ein Filterkiesdurchmesser von 2 bis 3,15 Millimeter gewählt werden.

Der Durchmesser des Einspülschlauchs ist in der Regel nicht kleiner als 5 Zentimeter (Innendurchmesser) zu wählen. Der Einspülschlauch ist zusammen mit dem Produktrohr innerhalb der temporären Schutzverrohrung in das Bohrloch einzuziehen (Bohrung mit Wiederaustritt) bzw. einzuschieben (Sacklochbohrung). Hierzu ist der Schlauch an dem Produktrohr zu befestigen. Dabei ist darauf zu achten, dass der Schlauch nicht zu fest am Produktrohr fixiert wird, sodass ein Ziehen des Schlauches während des Einspülvorgangs bei gleichzeitigem Lösen der Fixierung möglich ist. Geeignete Fixierungstechniken sind vor Abteufen einer geplanten Pilotbohrung festzulegen (z. B. Kabelbinder, Klebeband geeigneter Festigkeit etc.).

Als Alternative zur Füllung des Ringraums und zur Stützung des Ausbaustranges wurde die Verwendung von Festgesteinsbruchstücken aus dem Bohrvorgang in Abhängigkeit der durchbohrten Festgesteinsart diskutiert. Hier wäre eine Herstellung entsprechender Kantenlängen durch die Wahl eines geeigneten Bohrverfahrens denkbar. Analog zum Verfahren zur Ausbringung des Feinkornanteils für Horizontalfilterbrunnen im Lockergestein durch Eintritt in einen perforierten Bohrkopf und Abtransport im Bohrgestänge könnten auch im Festgestein unerwünscht kleine Partikel beim Bohrvorgang entfernt werden. Die verbleibenden Bruchstücke mit entsprechend großer Kantenlänge würden wie Filterkies groben Durchmessers eine Stützschicht um den Ausbaustrang bilden. Als wesentlicher Nachteil zum runden oder kantengerundeten Filterkies sind allerdings die höheren Verwirbelungen und daraus resultierenden Eintrittsverluste bei der Brunnenanströmung aufgrund der potenziell scharfen Kanten der Festgesteinsbruchstücke sowie potenzielle Beeinträchtigungen des Produktrohrs zu nennen. Aus diesem Grund wird eine Verwendung von Bohrklein als Ringraumverfüllung nicht favorisiert.

Ringraumabdichtung

Aufgrund der Notwendigkeit einer wirksamen Ringraumabdichtung auch bei deutlichen Abweichungen von der Lotrechten kommt ein Einsatz von Schüttgütern oder von Sperrrohren zu diesem Zweck für abgelenkte Brunnenbohrungen im Festgestein nicht in Frage. Hier sind dagegen Ton-Zement- Suspensionen als Abdichtungsmedium geeignet. Durch ihren fließfähigen Charakter ist gewährleistet, dass eine Abdichtungssuspension auch unregelmäßige Ringräume bzw. stark voder Lotrechten abweichende Bohrlöcher vollständig ausfüllt, ohne dass es dabei zur Ausbildung von Brücken oder Hohlräumen kommt. Im Fall von zu viskosen Suspensionen sind hier jedoch möglicherweise durch Luft- und Spülungseinschlüsse Probleme zu erwarten. Die Fließfähigkeit wird über den Parameter der Marsh-Zeit charakterisiert. Hier sollte ein Wert von ca. 50 Sekunden der Suspension angestrebt werden.

Eine geeignete Einbringtechnik mit flexiblen Schläuchen und entsprechend hohen Verpressleistungen vorausgesetzt, bestehen hinsichtlich der Suspension keine Hindernisse zur Einbringung in Ringräumen mit größerer Tiefen- und Schräglage oder sogar in horizontalem Verlauf. Notwendige Voraussetzungen bestehen allerdings in einem ausreichend großen Ringraum, sodass ein direkter Kontakt von Verrohrung und Bohrlochwand ausgeschlossen werden kann. Andernfalls ist in diesen Bereichen keine Auffüllung mit Suspension und damit keine wirksame Abdichtung möglich. Der Ringraum ist durch eine geeignete Abstimmung von Bohr- und Rohrdurchmesser mit einem Radius > 10 Zentimeter vorzusehen, um die sichere und vollständige Abdichtung des Ringraums zu gewährleisten. Bei kleinerem Ringraum ist das Risiko eines direkten Kontaktes von Ausbau und Bohrloch zu groß einzustufen, um hierdurch resultierende Wegsamkeiten auszuschließen.

Im Anschluss an das Verpressen einer Suspension erfolgen in der Regel Setzungen, sodass die Oberkante der Abdichtungsmasse in einem lotrechten Bohrloch nach Abschluss der Setzungen in Abhängigkeit der totalen Verpresslänge teilweise mehrere Meter unter Geländeoberkante ansteht (Rubbert 2003). In Bezug auf abgelenkte Bohrungen im Festgestein ergibt sich hieraus eine besondere Problematik. Im Fall von lotrechten Bohrungen ist vor allem der oberflächennahe Teil der Abdichtung von den Setzungsvorgängen betroffen. Der Volumenverlust durch Suspensions- und Wasserabgabe äußert sich in einem Nachsacken des Abdichtungsmaterials in Richtung der Abdichtungsbasis. Auch Inhomogenitäten aufgrund eines erhöhten Wasseranteils sind vor allem im obersten Teil der Abdichtung zu finden. Entsprechend ist ihre Wirksamkeit im oberflächennahen Bereich herabgesetzt. Abgesehen von den entstehenden Trennflächen ist durch ein nachträgliches Auffüllen der Setzungsvorgang für lotrechte Bohrungen korrigierbar. Überträgt man die für lotrechte Bohrungen beobachteten Prozesse auf Bohrlochverläufe mit Abweichungen von der Lotrechten bis in die Horizontale, so ergeben sich neben der Vertikalkomponente auch Horizontalkomponenten der Setzung. Dadurch kann es zu einer Ablösung der Suspension von der hangenden Seite des Ringraums und einer Ausbildung von präferenziellen Fließwegen in diesem Bereich kommen (Abb. 5). Eine nachträgliche Korrektur ist praktisch nicht möglich.

Es ergeben sich zwei Schlussfolgerungen. Einerseits müssen Suspensionen mit maximal möglicher Stabilität zur Abdichtung eingesetzt werden. In diesem Zusammenhang ist auch die exakte Einhaltung des vom Hersteller als ideal angegebenen Wassergehaltes beim Anmischen der Suspension zu fordern. Hinsichtlich der Feststoffzusammensetzung der Suspensionen ist von Materialien abzusehen, welche einen verstärkten Zementanteil des Feststoffgehaltes aufweisen. Diese sind anfälliger für Entwässerungsvorgänge und hydratationsbedingte Materialschrumpfungen als Feststoffe mit einem hohen Gehalt an quellfähigen Tonmineralen. Auf den Einsatz von Eigenmischungen ist unbedingt zu verzichten, da hierfür der ideale Wassergehalt stets mit großen Unsicherheiten verbunden ist. Das Absetzmaß der verwendeten Suspensionen sollte unbedingt 0 Vol.-% betragen. Auch die Filtratwasserabgabe sollte für die Auswahl einer geeigneten Abdichtungssuspension mit beachtet werden. Hier sind Materialien mit möglichst geringen Werten zu bevorzugen. Details zur Zusammensetzung und zu den Eigenschaften der verwendeten Abdichtungssuspension sind im Vorfeld mit dem Hersteller abzustimmen.

Es ist allgemeiner Stand der Technik, den Filterkies mit einem Gegenfilter aus Filtersand und einer Tonabdichtung zu überschütten, um das Eindringen der Suspension in den unterlagernden Filterkies zu verhindern.

Wie bereits dargestellt, ist das Einbringen von Stückton oder Tonpellets in größeren Tiefen und Schräglagen als problematisch zu betrachten. Dementsprechend ist die Möglichkeit einer Sicherung des Filterkieses auf eine Überfüllung mit Filtersand beschränkt. Gute Erfahrungen bestehen hinsichtlich der Nutzung eines kantigen Filtersandes der Kantelänge 1 bis 2 Millimeter, der auch in die nicht lotrechte Bohrung eingespült werden kann. Durch eine Verzahnung der Körner ist ein wirksamer Schutz vor dem Eindringen der Suspension in den Filterkies so auch ohne Tonpfropfen gewährleistet.

Zusammenfassung und Fazit

Die potenziellen ökologischen Vorteile abgelenkter Brunnenbohrungen gegenüber den in Festgesteinsgebieten bisher üblichen Vertikalfilterbrunnen sind auf Basis der durchgeführten theoretischen Überlegungen und numerischen Experimente als sehr beträchtlich einzustufen. Der entscheidende Vorteil abgelenkter Brunnenbohrungen ist hierbei in der numerisch nachgewiesenen geringeren punktuellen Grundwasserabsenkung während hydraulischer Tests und vor allem dem Regelbetrieb und so einer gesteigerten spezifischen Ergiebigkeit zu sehen, wie dies im Übrigen auch schon von den allerdings extrem aufwendigen und im tiefen Festgestein nicht realisierbaren Horizontalfilterbrunnen bekannt ist. Dies setzt eine optimale Anpassung des Bohrlochverlaufs an das gegebene Trennflächengefüge voraus. Sämtliche Aspekte des Brunnenausbaus müssen an die speziellen Anforderungen, die sich einerseits aus dem Einsatz im Festgestein, andererseits aus den Abweichungen von der Lotrechten ergeben, abgestimmt werden. Dies erscheint, wie eines der Ergebnisse des Forschungsprojektes zeigt, nach dem Stand der Technik als möglich. In naher Zukunft ist eine realstabsmäßige, beispielhafte Praxisanwendung geplant, um die Richtigkeit und Eignung der bisher theoretisch entwickelten und numerischen geprüften Ansätze auch im praktischen Einsatz zu belegen.

Literatur:
  • Bieske, E., Rubbert, W. & Treskatis, C. (1998): Bohrbrunnen. – 8. Auflage, Oldenbourg Verlag, 455 S.
  • Deutsches Institut für Normung e. V. (1998): DIN 4924. Sande und Kiese für den Brunnenbau - Anforderungen und Prüfungen. – Beuth Verlag, Berlin, 4 S.
  • DVGW (Hrsg.) (2001): Merkblatt W 113. Bestimmung des Schüttkorndurchmessers und hydrogeologischer Parameter aus der Korngrößenverteilung für den Bau von Brunnen. – DVGWRegelwerk, wvgw, Bonn, 22 S.
  • Rubbert, T. (2003): Ringraumverpressmittel – Wirksamkeit und Verarbeitung. – bbr 09/2003, wvgw, Bonn, S. 19 – 27.
  • Stein, D. (2003): Grabenloser Leitungsbau. – Verlag Ernst & Sohn, Berlin, 1.144 S.
  • Treskatis, C. (1995): Einflussfaktoren auf die mechanische Festigkeit von Brunnenrohren aus Stahl. – bbr 12/95, wvgw, Bonn, S. 18 – 22.
Autoren:

Dr. rer. nat. Till Rubbert
Prof. Dr. Cristoph Treskatis
Bieske und Partner
Beratende Ingenieure GmbH
Im Pesch 79
53797 Lohmar
Tel.: 02246 9212-0
Fax: 02246 9212-99
E-Mail: bieske@bup-gup.de
Internet: www.bieske.de

Prof. Dr. Jürgen Wagner
Grundwasser- und Geo-Forschung
Rodenheimweg 15
66538 Neunkirchen
Tel.: 06821 8654-04
Fax: 06821 8654-05
E-Mail: grundwasser-undgeo-forschung@t-online. de
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Dipl.-Geol. Burkhardt Schulz
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