Linerstatik - Hinweise aus der Praxis

15.05.2007

Seit Erscheinen des Merkblattes ATV-DVWK M 127-2 (Januar 2000) steht dem Praktiker eine Möglichkeit zur Verfügung, eine Linerstatik zu erstellen oder eine vorgelegte Berechnung zu überprüfen. In den letzten Jahren hat sich immer mehr durchgesetzt, dass viele Auftraggeber und Ausschreibende in der Kanalsanierung bei Liningmaßnahmen einen statischen Nachweis fordern.Es reicht aber nicht aus, bei einer Ausschreibung nur eine „prüffähige oder geprüfte Statik“ nach ATV-DVWK M 127-2 zu fordern. Die zur Erstellung des statischen Nachweises erforderlichen Randbedingungen und Parameter müssen im Rahmen der Planung ermittelt und in der Ausschreibung vorgegeben werden.

Das Ergebnis eines statischen Nachweises ist aber nur so gut wie die Eingangswerte. Wird mit falschen Eingangswerten (Lastannahmen, Materialkennwerten) gerechnet, so ist das Ergebnis zwangsläufig auch nicht richtig. Dabei spielt es keine Rolle, ob der statische Nachweis manuell oder mittels eines EDV-Programmes durchgeführt wird.
Die nachfolgenden Erläuterungen sollen dazu dienen, den planenden Ingenieur dafür zu sensibilisieren, dass es wichtig ist, die entsprechenden Parameter zu ermitteln und zu zeigen, welche Auswirkungen die einzelnen Parameter auf den statischen Nachweis haben.   
Linerstatik
Zunächst wird der schematische Ablauf und die wichtigsten, für einen statischen Nachweis erforderlichen Parameter kurz dargestellt.
Schematischer Ablauf der statischen Berechnung von Linern
In der Grafik (Bild) ist der Ablauf der statischen Berechnung von Linern in Anlehnung an das ATV-DVWK-Merkblatt M 127-2 schematisch dargestellt:
Altrohrzustände
In Abhängigkeit der Schäden und Verformungen werden drei Altrohrzustände unterschieden:

- Altrohrzustand I
Das Altrohr ist allein tragfähig. Mögliche Schadensbilder: z.B. Undichtigkeiten in Rohrverbindungen, Wandungen, Haarrisse, aber keine Längsrisse.

Belastung: Wasseraußendruck (evtl. Innendruck, Temperaturänderung, Eigenlasten)
- Altrohrzustand II:
Das Altrohr-Bodensystem ist allein tragfähig. Mögliche Schadensbilder: z.B. Längsrisse mit geringer Rohrverformung bei überprüfter funktionsfähiger seitlicher Bettung, bestätigt z.B. durch Langzeitbeobachtung und/oder Rammsondierung.

Belastung: Wasseraußendruck (evtl. Innendruck, Temperaturänderung, Eigenlasten)
- Altrohrzustand III:
Rohr-Bodensystem langzeitig allein nicht mehr tragfähig; deutliche Verformungen.Mögliche Schadensbilder: z.B. Längsrisse mit größerer Rohrverformung Belastung: gegenüber Altrohrzustand II wird der Liner außer durch Wasseraußendruck auch durch Erd- und Verkehrslasten beansprucht (evtl. Innendruck, Temperaturänderung, Eigenlasten).
Imperfektionen
Wegen hoher Druckbeanspruchung infolge äußerem Wasserdruck und der damit verbundenen Stabilitätsprobleme sind die nachfolgenden Vorverformungen (Imperfektionen) anzusetzen.
- Örtliche Vorverformung
Bei allen Altrohrzuständen sind örtliche Vorverformungen von mindestens 2% des Linerradius anzusetzen, wenn durch Inspektion oder Messung nachgewiesen werden kann, dass diese Vorverformungen nicht größer sind.
Bei größerer örtlicher Vorverformung als 2% des Linerradius ist der tatsächliche Wert an der ungünstigsten Stelle anzusetzen.
- Gelenkringvorverformung
Bei Altrohrzustand II und III ist zusätzlich eine Gelenkringverformung (Ovalisierung) von mindestens 3% des Linerradius anzusetzen, wenn durch Inspektion nachgewiesen werden kann, dass keine größeren Werte vorliegen.
Bei größerer Gelenkringvorverformung als 3% des Linerradius ist der tatsächliche Wert an der ungünstigsten Stelle anzusetzen.
- Spaltbildung
Die Größe der Spaltbildung ist durch Verfahrensprüfungen festzulegen, es gelten aber die Mindestwerte von 0,5 % des Linerradius bei Schlauchverfahren und 2 % bei vorverformten Linern.
Hinweise zu den Imperfektionen
Es ist zu beachten, dass sich die Größenangaben der Imperfektionen (in Prozent) auf den Linerradius (und nicht auf den Linerdurchmesser) bezieht. Beispiel: Bei einer örtlichen Vorverformung von wv = 5 mm in einem Kanalrohr DN 250 mm beträgt dv = 5 / 125 = 0,04 = 4% (und ist somit doppelt so groß wie der anzusetzende Mindestwert).
Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, dass die Imperfektionen vom Auftraggeber oder dem Ingenieurbüro zu ermitteln und in der Ausschreibung vorgegeben werden müssen, da sonst meist zu niedrige Werte angesetzt werden.
Der statische Nachweis darf nicht mit Mittelwerten über die Haltung, sondern ist mit den Werten an der ungünstigsten Stelle zu führen. Da aber nicht von vornherein gesagt werden kann, welche Kombination den niedrigsten Sicherheitsbeiwert ergibt, sind ggf. mehrere Berechnungsgänge durchzuführen.
Beispiel:
Eine Kanalkalibrierung ergibt bei einer Kanalhaltung DN 500 mm an einer Stelle eine örtliche Vorverformung von 5 mm bei gleichzeitiger Gelenkringvorverformung von 10 mm und an einer anderen Stelle eine örtliche Vorverformung von 10 mm bei einer gleichzeitigen Gelenkringvorverformung von 5 mm.
Stufe 1          δv              5 / 250 = 0,02 =    2%
  δGR,v= 10 / 250 = 0,04 = 4%
Stufe 2 δv= 10 / 250 = 0,04 = 4%
  δGR,v= 5 / 250 = 0,02 = 2%
Der statische Nachweis ist somit an der Stelle 1 mit δv = 2% und δGR,v = 4% und an der Stelle 2 mit δv = 4% und δGR,v = 3% (Mindestwert) durchzuführen. Der kleinere Sicherheitsbeiwert bzw. die größere erforderliche Wandstärke ist maßgebend.
Einfluss der einzelnen Parameter auf den Sicherheitsbeiwert
Am Beispiel des Stabilitätsnachweises beim Altrohrzustand II soll nachfolgend der Einfluss einzelner Parameter auf den Sicherheitsbeiwert aufgezeigt werden.
Für das Beispiel werden die folgenden Randbedingungen angenommen
Nennweite AltrohrDN 500 mm
Örtliche Vorverformung δv2,0 % (entspricht wv = 5 mm); (Mindestwert)
Gelenkringvorverformung δGR,v3,0 % (entspricht wGR,v = 7,5 mm); (Mindestw.)
Spaltbildung δs0,5 % (entspricht ws = 1,25 mm); (Mindestwert)
Grundwasserstand1,5 m über Rohrsohle; (Mindestwert)
Kurzzeit-E-Modul9.000 MPa (N/mm²) (Annahme für Beispiel)
Abminderungsbeiwert0,625 (Annahme für Beispiel)
Langzeit-E-Modul9.000 MPa ∙ 0,625 = 5.625 MPa (N/mm²)
Wandstärke (ohne Verschleißschicht) 5,0 mm
Stabilitätsnachweis
Die Einzelabminderungsbeiwerte werden aus den entsprechenden Diagrammen aus ATV-DVWK M 127-2 abgelesen.

rL / sL = 247,5 / 5,0 = 49,5

Es ergibt sich daraus der Gesamtabminderungsbeiwert zu

κv,s = 0,55 × 0,73 × 0,64 = 0,26

Durchschlagsbeiwert:

αD = 2,62 × 49,50,8 = 59,4

Ringsteifigkeit des Liners:

SL = EL/12 × (sL/rL)3 = 5625/12 × (5,0/247,5)3 = 0,0039 N/mm²

Kritischer Wasseraußendruck:

krit pa = 0,26 × 59,4 × 0,0039 = 0,060 N/mm²

Sicherheitsbeiwert γ:

γ = krit pa/ pa = 0,060/0,015 = 4,0 > 2,0 = erf γ

Damit ist der Stabilitätsnachweis erbracht.
In den nachfolgenden Diagrammen ist der Einfluss der einzelnen Parameter auf den Sicherheitsbeiwert dargestellt. Dabei wird das ursprüngliche Beispiel zugrunde gelegt und jeweils ein einziger Parameter verändert.
Es wird darauf hingewiesen, dass diese Diagramme sich nur auf das vorhergehende Beispiel beziehen. Sie sollen aber zeigen, welche Parameter den Sicherheitsbeiwert stärker und welcher weniger stark beeinflussen.
Ergebnisinterpretation
An der Baustellenprobe werden unter Anderem die Wandstärke und der E-Modul des Liners ermittelt Wie ist das Nicht-Erreichen des Sollwertes eines dieser Parameter zu bewerten?  
- E-Modul erreicht, Wandstärke unterschritten

In die Gleichung für die Ringsteifigkeit

SL = EL/12 × (sL/rL)3

geht die Wandstärke sL in der 3. Potenz ein, was bei einer relativ kleinen Wandstärkenunterschreitung bereits eine große Reduzierung der Ringsteifigkeit zur Folge hat.

Beispiel:  Vorgabe für die Wandstärke: 5,0 mm, ausgeführt wurden aber nur 4,0 mm.
  Das entspricht einer Wandstärkenunterschreitung von 20 %. Die Reduzierung der Ringsteifigkeit beträgt aber 49 % !!

Bei einer Wandstärkenunterschreitung ist es somit immer erforderlich, die statische Berechnung mit den tatsächlichen Werten zu überprüfen.
-  Wandstärke erreicht, E-Modul unterschritten
In die Gleichung für die Ringsteifigkeit geht der E-Modul linear ein, was bedeutet, dass bei einer Unterschreitung des E-Moduls um 10 % auch die Ringsteifigkeit SL um 10 % reduziert wird.
Am Probestück wird der Kurzzeit-E-Modul ermittelt und über den Abminderungsfaktor der Langzeit-E-Modul errechnet. Bei einem niedrigeren E-Modul des Probestückes gegenüber der Erst- und Eignungsprüfung, besteht der Verdacht einer unzureichenden (unvollständigen) Aushärtung des Liners, weshalb der Abminderungsfaktor der Erstprüfung nicht ohne Weiteres für die Berechnung herangezogen werden kann.
Ohne Nachweis der vollständigen Aushärtung an solchen Probestücken (z.B.: Nachweis der Kriechneigung nach DIN EN 761 oder mit der dynamischen Differenz-Kalorimetrie (DCS)) kann der Abminderungsbeiwert der Erstuntersuchung nicht übernommen werden. Demzufolge ist für diesen Inliner ein statischer Langzeitnachweis nicht möglich und erfüllt somit die Anforderungen nicht.
Praktische Hinweise zur Ermittlung der Imperfektionen für die statische Berechnung
Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Methoden nicht sehr genau sind, sie sollen aber ein Gefühl vermitteln, um auch ohne eine Gesamtkalibrierung des Altrohres diese Angaben annähernd in der richtigen Größenordnung abzuschätzen und vorgeben zu können, da sonst diese Werte oft zu niedrig angesetzt werden.
-  Ermittlung der örtlichen Vorverformung wv
In nachfolgendem Beispiel für die statische Berechnung für die Kanalhaltung DN 250 mm die örtliche Vorverformung wv ermittelt werden.  
Bei einer TV-Inspektion wird bei Ablagerungen die Querschnittsreduzierung in Prozent angegeben:

ΔA = 15 / 490 (.100%)   = 3 %

Dieser Wert kann nicht für die statische Berechnung übernommen werden. Die örtliche Vorverformung (bezogen auf den Radius rL) beträgt

δv = 1 / 12,5 (.100%)     = 8 %
-  Ermittlung der Gelenkringverformung wGR,v
Im folgenden Beispiel soll die für die Statik vorzugebende Gelenkringvorverformung δGR,v= wGR,v/rL . 100% ermittelt werden

δGR,v= wGR,v/ rL.100%       =          3 / 15 .100%     =  20%

Das Beispiel zeigt, dass die Gelenkringvorverformung zu groß ist, um eine Statik nach ATV-DVWK M 127-2 durchzuführen. An dieser Stelle muss vor Einzug des Inliners Abhilfe geschaffen werden (z.B. durch eine punktuelle Aufgrabung).
Im nachfolgenden Beispiel soll die für die Statik vorzugebende Ovalisierung dGR,v an einem verformten PVC-Rohr ermittelt werden.

 di,m = (di,h + di,v) / 2

di,m = (33,6 + 26,4) / 2 = 30,0 cm
δGR,v      =        (di,h – di,m) / di,m . 100%       =        (33,6 – 30,0) / 30,0 . 100%

δGR,v      =        12 %
Fehler
Nachfolgend wird noch auf einige Fehler aufmerksam gemacht, die im Zusammenhang mit dem statischen Nachweis gelegentlich gemacht werden.
-  Keine klaren Vorgaben bei der Ausschreibung
Bei der Ausschreibung müssen vom Ausschreibenden die Randbedingungen klar definiert und die entsprechenden Vorgaben für die Anfertigung der Linerstatik gemacht werden. Werden diese Angaben nicht ordnungsgemäß vorgegeben, sind die Angebote nicht vergleichbar, weil unter Umständen jeder Bieter andere Annahmen trifft oder nur die Mindestwerte angesetzt werden, die aber meist nicht den tatsächlichen Werten entsprechen.
-  Abrieb des Liners wird nicht berücksichtigt
In der statischen Berechnung darf nur die auf Dauer vorhandene Linerwandstärke angesetzt werden, das heißt, zur statisch erforderlichen Wandstärke muss der erwartete Abrieb addiert werden. Im DWA-Merkblatt M 143-3, Abschnitt 2.1, wird für den Abrieb der Ansatz von 1 mm empfohlen.
-  Außenarmierung am Inliner
Im Bereich von größeren Schäden oder Deformationen wird teilweise eine Außenarmierung (z.B. Jeansschlauch) angebracht, damit sich der Inliner beim Druckaufbau nicht zu sehr ausdehnen kann. Dabei wird aber außer acht gelassen, dass dadurch der in der statischen Berechnung angesetzte Ringspalt von (mindestens) 0,5% des Linerradius meist weit überschritten wird und somit die Berechnung nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt.
Noch problematischer wird es, wenn ein fehlendes Rohrwandungsteil durch einen Inliner mit Außenarmierung überbrückt werden soll.
Bei einem Schadensbild entsprechend Bild 14 ist vor Einbau eines Liners unbedingt die fehlende Scherbe rohrbündig zu egalisieren.
Der Liner würde sich zwar bei Verwendung einer Außenarmierung bei der Beaufschlagung mit Druck nicht in die Fehlstelle wölben, aber ein Hohlraum bleibt bestehen.
Die Außenarmierung verhindert zwar eine Expansion des Liners bei der Aushärtung, aber die spätere Belastung auf den Liner kommt von außen (Grundwasser, ggf. Erd- und Verkehrslasten) und dabei hat die Außenarmierung dann keinerlei Funktion.
Ein statischer Nachweis mit ATV-DVWK M 127-2 ist in diesem Fall nicht möglich, weil kein Kraftschluss zum  Altrohr nicht vorhanden ist.
-  Vorarbeiten werden nicht vorgegeben und überprüft
Größere Ausbrüche und Fehlstellen oder Muffenversätze müssen vor Einbau eines Inliners beseitigt (Egalisierung, Verpressung) werden. ATV-DVWK M 127-2 gibt beispielsweise vor, dass bei Muffenspalten, die größer als 1/10 des Innendurchmessers sind, im Vorfeld Abhilfe zu schaffen ist. (Das entspricht z.B. 40 mm bei einem Kanal DN 400 mm).
In der Ausschreibung müssen diese vorzusanierenden Stellen angeben und entsprechende Positionen dafür vorsehen werden.
Ganz wichtig ist hierbei, dass die Durchführung diese Vorarbeiten von der bauüberwachenden Stelle vor Inlinereinbau überprüft werden und die Freigabe zum Linereinbau erst gegeben wird, wenn alle Vorarbeiten durchgeführt wurden.
-  Andere Randbedingungen nach Auftragserteilung
Ergeben sich bei der Ausführung andere Randbedingungen gegenüber der in der Ausschreibung angenommenen, so muss die statische Berechnung auf jeden Fall an diese Änderungen angepasst werden.

Beispiel 1: Anstelle eines Liners, dessen Wandstärke entsprechend den Vorgaben in der Ausschreibung ermittelt wurde, soll ein anderer Liner, der die Vorgaben der Ausschreibung ebenfalls erfüllt, aber andere Materialkennwerte hat, einbaut werden.
In diesem Fall darf die ursprüngliche Wandstärke nicht übernommen werden, sondern muss neu berechnet werden.

Beispiel 2: Beim Nachmessen für die Linerbestellung wird festgestellt, dass die Nennweite des Kanals größer ist, als ausgeschrieben war. Die in den Vertragsunterlagen festgeschriebene Wandstärke darf auf keinen Fall übernommen werden. Sie ist mit der tatsächlichen Nennweite neu festzulegen.

Es wird empfohlen, sich von der ausführenden Firma rechtzeitig die Auftragsbestätigung der Linerbestellung vorlegen zu lassen. So besteht die Möglichkeit, bei geänderten Randbedingungen, die gelegentlich der Bauüberwachung erst später mitgeteilt werden, noch rechtzeitig eingreifen zu können. Ist der Liner erst einmal auf der Baustelle, oder bereits eingebaut, wenn von der Bauüberwachung die Änderung bemerkt wird, ist es schwierig bis unmöglich, einzugreifen.  
-  Altrohrzustand III anstatt II
Aus Sicherheitsüberlegungen heraus wird gelegentlich in Ausschreibungen ein statischer Nachweis mit Altrohrzustand III vorgegeben, in der Annahme, damit auf der sicheren Seite zu sein.
Unter Einhaltung der Vorgaben aus ATV-DVWK M 127-2 kann sich beim Nachweis mit Altrohrzustand III aber durchaus eine geringere Wandstärke als beim Altrohrzustand II ergeben:
  • Beim AZ III wird der tatsächliche Grundwasserstand angesetzt (ohne Mindestwert), beim AZ II wird ein Grundwasserstand von 0,1 m über Scheitel, mindestens aber 1,5 m über Rohrsohle angesetzt.
  • Beim AZ III wird für die Erd- und Verkehrslasten keine örtliche Vorverformung angesetzt.
  • Beim AZ III wird kein Ringspalt angesetzt, beim AZ II aber mindestens 0,5 % des Linerradius.
  • Der Sicherheitsbeiwert beim AZ III beträgt bei Erd- und Verkehrslasten 1,5. Bei AZ II beträgt der Sicherheitsbeiwert 2,0.   
-  Zweiter Inliner
In einen Inliner soll ein zweiter Inliner eingebaut werden, z.B. wegen zu geringer Wandstärke des ersten Inliners. Dieser zweite Inliner muss natürlich ebenso mit den tatsächlich vorhandenen bzw. den vorgegebenen Mindestwerten berechnet werden.
Keinesfalls darf, wenn der erste Inliner z.B mit 7 mm hätte eingebaut werden sollen und nur mit 5 mm eingebaut wurde ein zweiter Inliner mit 3 mm eingebaut werden, in der Annahme, mit einer Gesamtdicke von 8 mm wären die statischen Erfordernisse erfüllt.
Der zweite Inliner muss so berechnet werden, wie wenn der erste Inliner nicht vorhanden wäre. 
-  Grundwasserstand wird zu niedrig angesetzt
Für den statischen Nachweis ist nicht der Ist-Zustand der Randbedingungen zum Zeitpunkt der Ausschreibung maßgebend, sondern die Maximalwerte während der erwarteten Lebensdauer.
Auch wenn momentan kein Grundwasser ansteht und üblicherweise während der Lebensdauer des Liners mit einem gravierenden Anstieg des Grundwasserstandes nicht zu rechnen ist, müssen aber folgende Situationen beachtet werden:
  • Wasserleitungsrohrbruch: Zwischen zwei Querriegeln kann dabei der Wasserstand im Bereich des Rohrgrabens unter Umständen etliche Meter ansteigen.
  • Kanalverstopfung: Der Wasserspiegel im Kanal kann dabei bis über die Geländeoberkante ansteigen. Über z.B. Schäden in Hausleitungen oder angeschlossene Drainageleitungen steigt der äußere Wasserspiegel mit dem inneren Wasserspiegel an. Nach der Beseitigung der Verstopfung läuft der Kanal relativ schnell wieder leer, der äußere Wasserspiegel sinkt aber wesentlich langsamer ab. Somit kann kurzzeitig ein großer äußerer Wasserdruck auf dem Liner lasten.
  • Nach einem Hochwasserereignis herrscht im Kanal relativ schnell wieder Freispiegelabfluss, der erhöhte Grundwasserspiegel im Boden und Rohrgraben sinkt aber wesentlich langsamer wieder ab, was zu einem vorübergehenden äußeren Wasserdruck führt.

Es wird empfohlen, diesen Lastfall beim statischen Nachweis des Liners nicht außer Acht zu lassen. Es sollte zumindest mit dem Kurzzeit-E-Modul (und/oder reduziertem Sicherheitsbeiwert) ein statischer Nachweis für diesen höheren äußeren Wasserdruck geführt werden.
-  Kanalreinigung wird zu früh durchgeführt
Aus Kostengründen wird vom ausführenden Unternehmen oft morgens schon der Kanal gereinigt, der Inliner aber erst nachmittags eingebaut. In diesem Fall ist der entsprechende Kanalabschnitt bis zum Linereinbau abwasserfrei zu halten, da zwischenzeitlich eingespülte Verunreinigungen die örtliche Vorverformung vergrößern und damit die Standsicherheit negativ beeinflussen können.
-  Keine ausreichende Wasserhaltung
Gelegentlich werden im obersten Schacht nach der Beaufschlagung des Liners mit Druck die Absperrblasen wieder entfernt, um einen Rückstau zu vermeiden. Das anfallende Abwasser im Schacht wird dann über eine Tauchpumpe abgeführt.
Dabei kommt es aber zu schwankenden Wasserständen im oberen Schacht oder in Zwischenschächten, die für eine Kühlung des Liners auf der Außenseite sorgen, so dass es bei Dampf- und Lichthärtung zu einer unzureichenden Aushärtung mit entsprechenden unzureichenden Materialkennwerten in diesen Bereichen kommt. Da bei dampfhärtenden Systemen die Materialprobe üblicherweise im untersten Schacht entnommen wird, werden die niedrigeren Materialkennwerte des Liners in anderen Bereichen nicht festgestellt.
Es ist deshalb unbedingt darauf zu achten, dass die Wasserhaltung so erfolgt, dass die Materialkennwerte des Liners nicht negativ beeinflusst werden.
Schlussbemerkung
Mit dem Merkblatt ATV-DVWK M 127-2 wurde eine Möglichkeit für Praktiker geschaffen, um für Liningmaßnahmen einen statischen Nachweis zu führen.
Es liegt aber an der Ausschreibung / Bauüberwachung, dafür zu sorgen, dass für die statische Berechnung Vorgaben mit möglichst wenig Interpretationsspielraum zur Verfügung gestellt werden und bei der Bauausführung zu kontrollieren und zu überprüfen, ob die getroffenen Annahmen und Materialkennwerte vor Ort vorhanden, bzw. die erforderlichen Maßnahmen zum Erreichen der Ansätze durchgeführt wurden.
Insbesondere ist dabei auch auf sämtliche Rand- und Baustellenbedingungen zu achten, die einen für den statischen Nachweis erforderlichen Parameter negativ beeinflussen könnten, um rechtzeitig entsprechend reagieren zu können.
Literatur
[1]Merkblatt ATV-DVWK-M 127-2 “Statische Berechnung zur Sanierung von Abwasserkanälen und –leitungen mit Lining- und Montageverfahren”, Januar 2000
[2]Merkblatt ATV-DVWK-M 143-1 „Sanierung von Kanälen außerhalb von Gebäuden, Teil 1: Grundlagen“; August 2004
[3]Merkblatt DWA-M 143-3 „Sanierung von Kanälen außerhalb von Gebäuden, Teil 3: Schlauchliningverfahren (vor Ort härtendes Schlauchlining) für Abwasserleitungen und –kanäle“; November 2005
[4]Merkblatt DWA-M 143-14 „Sanierung von Kanälen außerhalb von Gebäuden, Teil 14: Sanierungsstrategien“; November 2005
[5]Merkblatt DWA-M 143-20 „Sanierung von Kanälen außerhalb von Gebäuden, Teil 20: Prüfung und Beurteilung von Sanierungsverfahren; Anforderungen, Prüfkriterien und Prüfempfehlungen – Schlauchliningverfahren und Kurzliner“; November 2005
[6]Falter, B.; Hoch, A.; Wagner, V.: Hinweise und Kommentare zur Anwendung des Merkblattes ATV-DVWK-M 127-2 für die statische Berechnung von Inlinern, KA 2003, Nr. 4, S. 451
[7]DIN EN 1295-1, „Statische Berechnung von erdverlegten Rohrleitungen unter verschiedenen Belastungsbedingungen“, September 1997
*Verfasser:
Roland Wacker (Dipl.-Ing.)
Sprecher des Fachausschusses für Fort- und Weiterbildung im VSB e.V.
Ingenieurbüro Frank GmbH, Backnang
 

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